irisierendes island: eis um jeden preis

In Island erfreuen sich kombinierte Bild-Eis-Postkarten von Jökulsárlón großer Beliebtheit. An Touristen verkauft werden sie an Jökulsárlón-Bootsfahrscheinverkaufsstellen zu einem leicht angehobenen Preis, also anderthalb mal so teuer wie normale Postkarten. An diese Karten sind daumennagelgroße, von einem isländischen Gletschersee stammende Originaleisstückchen gebunden. Die Käufer werden denn auch aufgefordert, mit dem eisigen Versandwerk „eine Erinnerung vom Gletschersee mit nach Hause zu nehmen“ oder ihren „Freunden die Schönheit Islands zu zeigen“, was auch gern getan wird. Die abgebildete Postkarte trug auch mal ein besonders schönes Exemplar eines Eisstücks. Das ist aber jetzt weg. Wahrscheinlich verloren. Oder gestohlen. Was besonders gemein ist, wenn man sich vor Augen führt, mit welchem Einsatz der einheimischen Bevölkerung die Postkarten hergestellt werden: Jeden Tag fährt ein todesmutiger Trupp von erfahrenen Eishackern raus auf den Gletschersee, um von den besonders blauen, besonders schönen Eisblöcken einige kleine Stücke abzubrechen und sie schon während des Anhackvorgangs beziehungsweise noch auf der Fahrt mit dem Boot ans Ufer an die Karten zu knüpfen. Allerdings bemerken kritische Beobachter schnell eine auffällige Ähnlichkeit zwischen den einzelnen angebundenen Eisstückchen, was einerseits auf große künstlerische Fingerfertigkeit der Eishacker oder auf großen Nepp schließen lässt: Vielleicht ist das Eis also gar nicht original vom Gletschersee, sondern aus dem Wasserhahn und wurde künstlich im Kühlschrank gezüchtet! Was schlicht Betrug wäre. ANJA SCHACHTSCHABEL