Berliner Bimbes entzweit große Koalition

Nach Bekanntwerden eines Schwarzkontos spekuliert SPD-Chef Strieder erstmals über einen möglichen Ausstieg aus dem Senat. CDU-Landeschef Diepgen rückt jetzt ins Zentrum der Kritik. Die Affäre ist heute auch Thema im Bundestag

Der Rückzug des CDU-Fraktionschefs Klaus Landowsky aus seinem Bankerjob hat seiner Partei keine Atempause verschafft. Nach der Entdeckung eines Schwarzkontos wird der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen als CDU-Landesvorsitzender zur neuen Zentralfigur der Spendenaffäre, und die SPD rückt immer deutlicher von ihrem Koalitionspartner ab.

Der Rechtsanwalt und Notar Peter M. Heers, den Diepgen mit der Überprüfung der Spendenaffäre beauftragt hatte, legte gestern einen ersten Zwischenbericht vor. Demnach hat der damalige CDU-Landesgeschäftsführer Konrad Wilczek im Februar 1996 ein Konto bei der Deutschen Bank eingerichtet und dort Geld eingezahlt hat, das „nicht in das Rechenwerk der CDU eingegangen“ ist. Bei den 15.000 Mark handelte es sich um einen Restbetrag aus der Spende, die zwei Bauunternehmer dem Fraktionschef Landowsky im Oktober 1995 fast zeitgleich mit einer Kreditbewilligung durch dessen Bank übergeben hatten.

Nach dem Bericht wurde das Geld für eine Seminarteilnahme bei der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie für die Anschaffung von Computern und Ausrüstungsteilen verwendet. Der SPD-Landesvorsitzende Peter Strieder bezweifelte diese Version. „Schwarzkonten werden geführt, um Verbotenes zu vertuschen“, sagte er. Erstmals schloss er einen Bruch der großen Koalition nicht mehr aus. Nach der Klärung der Affäre werde die SPD „die Konsequenzen in der Partei zu diskutieren haben“. In der Partei wachsen offenbar die Bedenken, dass auch sie selbst in die Debatten über den Berliner Filz hineingezogen wird, wenn sie sich nicht schnell und entschieden genug von ihrem Koalitionspartner distanziert.

CDU-Generalsekretär Ingo Schmitt gab zu, dass die beiden Bauunternehmer im Jahr 1995 noch weitere, kleinere Beträge an CDU-Gliederungen gespendet haben. Damit lagen die Summen in jedem Fall über der Grenze von 20.000 Mark, ab der eine Veröffentlichung zwingend vorgeschrieben sind. Schmitt äußerte die Hoffnung, dass Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) von einem Strafgeld absehen werde.

Auch von der Bundesebene aus verstärken SPD und Grüne jetzt den Druck auf die Berliner CDU. Bereits heute wird sich der Bundestag in einer aktuellen Stunde mit dem Thema befassen. Der SPD-Obmann im Parteispenden-Untersuchungsausschuss, Frank Hofmann, kündigte unterdessen eine Vernehmung Diepgens an.

Finanzsenator Peter Kurth (CDU) wertete Landowskys Ausscheiden aus dem Bankvorstand der Berlin Hyp gestern als „verantwortungsbewussten und konsequenten Schritt“. Es werde dem Unternehmen „sehr gut“ tun, aus den Schlagzeilen herauszukommen. Am Freitag sei eine spannende Aufsichtsratssitzung zu erwarten. RALPH BOLLMANN

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