MITTEN IN DER BSE-KRISE BRICHT DER ÖKODACHVERBAND AUSEINANDER
: Kinderkrankheit der Linken

Das hat gerade noch gefehlt: die Spaltung des Dachverbandes der deutschen Ökobauern. Gerade mal 2,5 Prozent der Landwirte wirtschaften hier zu Lande ökologisch und schon bricht deren Verein auseinander. Demeter und Bioland, die beiden größten Einzelverbände, sind ausgetreten. Damit gehen 60 Prozent; nur noch 40 Prozent, verteilt auf sieben Einzelverbände, bleiben. Diese Spalterei diagnostizierte man früher als „typische Kinderkrankheit der Linken“. Jetzt ließen sich die Ökoagrarier anstecken.

In Österreich arbeiten 12 Prozent und in der Schweiz 8 Prozent der Landwirte ökologisch – sie treten geschlossen auf und erobern die Supermärkte mit einem gemeinsamen Ökosiegel. Bei uns hingegen gibt es ein Tohuwabohu mit hundert Biomarken und Siegeln, dafür vertreiben aber nur wenige Supermärkte Biolebensmittel. Als die jetzt zerbrochene „Arbeitsgemeinschaft ökologischer Landbau“ (Agöl) nach fünf Jahren der Verhandlungen endlich ein einheitliches Siegel zu Stande gebracht hatte, hat es keiner der neun Einzelverbände übernommen. Und das in einer Zeit mit den größten Chancen für die Agrarwende – dank BSE.

Richtig ist, dass Agöl politisch viel zu harmlos ist und selbst in diesen BSE-Zeiten nahezu sprachlos blieb. Aber falsch ist die Reaktion von Demeter und Bioland. In dieser Verbandskrise sollte nicht gespalten werden, sondern vereint und gestärkt. Zum Beispiel durch die Neuwahl der Agöl-Spitze.

Den Umweltlandwirten fallen zur Zeit die Erfolge in den Schoß: politisch, ökonomisch, sozial, gesellschaftlich – und ökologisch obendrein. Das haben sie verdient. Dafür haben sie sich jahrelang abgerackert. Sie ernten jetzt, was sie lange genug gesät haben. Dass einige ihrer Funktionäre Schnarchsäcke sind und weitere Erfolge verschlafen und aufs Spiel setzen, ist sehr deutsch, aber ziemlich dumm. Es reicht nicht, nur Recht zu haben. Politik ist, auch dafür zu kämpfen, dass man Recht bekommt. Das Land braucht gerade jetzt einen starken Ökobauern-Dachverband.

Schon 1923 wusste der geistige Vater aller Ökolandwirte Rudolf Steiner: „Wer vegetarisch lebende Rinder mit Tierresten füttert, macht sie verrückt.“ Im Namen dieses Vaters: Verspielt nicht euren Sieg, sondern nutzt ihn endlich. Setzt einige vertrottelte Funktionäre ab und lernt von Renate Künast. Wenn Künast und Kuh zusammenpassen, dann auch Bioland und Biopark, Demeter und Ecovin, Naturland und Biokreis Ostbayern, Gäa und Ökosiegel. Auch im Ökostall kann dicke Luft reinigend wirken. Schafft ein neues, breites Forum, an dem sich auch die Umwelt- und Verbraucherverbände beteiligen. FRANZ ALT

Der Autor ist Redakteur beim SWR