Nicht Opfern helfen, Opfer verhindern

Mit einem neuen Programm will die Bundesregierung Rassismus verhindern. 50 Millionen für Basisinitiativen

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung startet eine neue Runde im Kampf gegen Rechtsextremismus. Mit dem Programm „Xenos“, griechisch für „der Fremde“, soll besonders der Rassismus unter Jugendlichen bekämpft werden. Bis 2003 sind dafür jährlich 50 Millionen Mark eingeplant, die zur Hälfte von der EU beigesteuert werden. Die übrigen 25 Millionen müssen Bund, Länder, Kommunen oder die unterstützten Initiativen selbst beisteuern. Peter Haupt, Staatssekretär im Familienministerium, wies gestern den Vorwurf zurück, Xenos sei nicht breit genug angelegt, da die Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) vorrangig für Projekte der Aus- und Fortbildung ausgegeben werden müssten. Haupt bestritt, dass dadurch zivilgesellschaftliche Initiativen ins Abseits gedrängt würden.

Ein Netzwerk aus Experten des Ministeriums sowie externen Sachverständigen soll verhindern, dass Fördermittel aus Xenos dem Kern der rechten Szene zugute kommen. Teil des Netzwerks sei auch Anetta Kahane von der Amadeu-Antonio-Stiftung, die für Demokratie und gegen Neonazis kämpft. Kahane allerdings hatte noch im vergangenen Oktober das Vorhaben der Regierung kritisiert: Gegen rechts helfe kein Arbeitsförderungsprogramm, sondern nur ein frei verfügbarer Fonds.

Xenos sei, sagte Peter Haupt der taz, nicht vorrangig für die Opferhilfe bestimmt, „der Schwerpunkt des Programms liegt darin, Opfer zu verhindern“, und dies funktioniere über die arbeitsmarktbezogenen Maßnahmen. So sollen mit Xenos Projekte vor Ort unterstützt werden, die sich gegen Ausländerfeindlichkeit am Arbeitsplatz und in der Ausbildung richten. 100 Anträge auf Projektförderung seien seit Januar schon eingegangen. Jetzt werde geprüft. Für die Opferhilfe gebe es einen Topf von 10 Millionen Mark beim Bundesjustizministerium, erklärte Haupt.

Die einzelnen Aktionen gegen rechts teilen sich also auf: Zusätzlich zu Xenos und dem Geld des Justizministeriums plant die Regierung 40 Millionen für den Kampf gegen rechts ein. Unter anderem erhielten die Bundesländer 15 Millionen und die Einrichtungen zur politischen Bildung sechs Millionen Mark. Zehn Millionen sind ausschließlich für die neuen Bundesländer reserviert, wobei jeweils die Hälfte dieses Betrages zur Opferberatung und für kleine Initiativen reserviert ist, die wegen des fehlenden Bezugs zum Arbeitsmarkt nicht über Xenos finanzierbar sind.

Das neue Programm sei ein Anstoß, „Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der Arbeitswelt entschieden entgegenzutreten“, sagte Marieluise Beck (Grüne), die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung. In der Gesellschaft werde unterschätzt, wie oft Migranten die Erfahrung von alltäglichen Zurückweisungen machten.

SEBASTIAN FISCHER