Hier wird mit Kühen geheizt

Wohin mit dem Tiermehl? Die Kuhreste werden im Kraftwerk verbrannt oder in Bausteine gegossen

BERLIN taz ■ „Jeder wird in Zukunft seine Lieblingsenergie bekommen“, lautet ein Werbeslogan des Kraftwerksbetreibers Eon. An „Kuhpower“ hat dabei wohl niemand gedacht. Aber seit Dezember werden in einem Teil der Eon-Kraftwerke tote Tiere in Form von Tiermehl verbrannt. Das Kraftwerk Staudinger bei Hanau zum Beispiel entsorgt auf diese Weise ganz Hessen und einen Teil von Mecklenburg von anfallendem Tiermehl. Die toten Kühe, Schweine und Hunde ersetzen zehn Prozent des Brennstoffes.

Auch die RWE produziert inzwischen „Kuhenergie“. In zwei ihrer Steinkohlekraftwerke, in Westfalen bei Hamm und Gersteinwerk in Stockum, wird der Kohle ein Teil Tiermehl beigefügt. Nach Auskunft von RWE-Sprecher Manfred Lang schwankt die Menge zwischen 200 und 250 Tonnen pro Tag. Die Genehmigung läuft bis Oktober 2001, danach „schaun wir mal“.

In anderen Kraftwerken wird inzwischen ebenfalls Tiermehl beigesetzt, zum Beispiel im niedersächsischen Buschhaus oder im Bremer Kraftwerk Farge.

Für die Energiekonzerne ist das Geschäft mit den tierischen Überresten durchaus lukrativ. Erstens sparen sie Brennstoffkosten, zweitens bekommen sie für die Vernichtung des Tiermehls eine Vergütung. Wie hoch die liegt, darüber wollte sich der RWE-Sprecher nicht äußern. Man habe noch keine Erfahrung mit dieser Art von Energieproduktion und den dabei entstehenden Schlacken, also „weiß man erst in Zukunft, ob sich das rentiert“.

Ein kleiner Teil der jährlich anfallenden Mengen von rund 700.000 Tonnen Tiermehl wird inzwischen auch in der Zementindustrie als Brennstoff eingesetzt. Mögliche BSE-Prionen haben dabei in den bis zu 2.000 Grad heißen Zementöfen keine Chance zu überleben.

Eine weitere Entsorgungsvariante hat das in Luxemburg ansässige Unternehmen Aedis ins Spiel gebracht: Macht aus Kühen Bausteine. Der deutsch-französisch-luxemburgische Konzern hat vor kurzem eine Herstellungsweise für Bausteine vorgestellt, die angeblich um etwa 30 Prozent billiger sind als konventioneller Beton. Der Vorteil: Das Tiermehl würde den Steinen mehr Volumen geben. Nun braucht die Firma nur noch Industriepartner in Frankreich.

Statt Kuhstrom und Kuhstein käme aber auch noch eine andere, moralisch weniger anrüchige Variante in Betracht: der Fleischexport ins hungernde Nordkorea. Dessen Regierung würde nach Aussage von Rupert Neudeck vom Notärztekomitee Cap Anamur Deutschland die Hälfte jener 400.000 Rinder abnehmen, die ab März allein zur Marktbereinigung geschlachtet werden sollen und nachgewiesenermaßen BSE-frei sind.

„Wir haben noch keine Anfrage von Nordkorea vorliegen“, vermeldete gestern Stefan Taxis, Sprecher von Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne). Sobald diese da sei, „werden wir das mit aller Ernsthaftigkeit prüfen.“

usche