Holtermann neuer Juso-Vorsitzender

■ Gegen Große Koalition und Gymnasien / Fragen an Klaas Holtermann, den gestern gewählten Bremer Juso-Vorsitzenden

taz: Was motiviert einen 18-jährigen Schüler, sich politisch zu engagieren?

Klaas Holtermann, Juo-Vorsitzender: Man möchte irgendwas bewegen als Jugendlicher, wenn man sich die Trostlosigkeit der Bremer Politik anguckt. Ich habe mich schon immer mit der SPD abgefunden in der Politik, war also SPD-nah. Seit zwei Jahren habe ich bei den Jusos aktiv mitgearbeitet.

Interessieren sich die Schüler in der 12. Klasse am Wirtschaftsgymnasium Horn für Politik?

Nein. Einige sind aktiv in der Schülervertretung, aber der größte Teil interessiert sich nicht für Politik.

Wie sind Sie dazu gekommen?

Durch mein Elternhaus, durch meinen Vater ...

Der ist Abteilungsleiter im Rathaus, und das ärgert Sie manchmal, was der macht?

Ärgert mich nicht. Wir haben zwar unsere Differenzen, aber es macht auch Spaß, mit ihm darüber zu diskutieren. Ich werde ihn nie beeinflussen können in seinem Handeln. Aber darüber habe ich den Weg in die Partei gefunden.

Bei welchen Themen wollen die Jusos derzeit etwas bewegen?

Die Jusos wollen sich im nächsten Jahr vor allem mit der Halbzeitkampagne beschäftigen und eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der SPD in der großen Koalition suchen. Und wir wollen uns mit der Bildungspolitik beschäftigen. Die GesamtschülerInnen-Vertretung GSV soll wieder mehr Macht bekommen in der Bildungspolitik. Wir wollen die SPD auffordern, die Modellversuche für ein 12-Jahre-Abi abzulehnen – und ebenso das Profil-Abi. Wir wollen keine weiteren durchgängigen Gymnasien. Bei den Gesamtschulen sind die Anmeldezahlen sehr viel höher als bei den Gymnasien.

Erstaunlicherweise sind die Schüler-Vertreter, die das Gymnasium ablehnen, alle selbst Schüler von Gymnasien – auch der bisherige Juso-Vorsitzende, die GSV-Sprecherin ...

Das stimmt. Aber wenn wir die Möglichkeit hätten, auf eine Gesamtschule zu gehen, die bis zum Abitur geht, würden wir diese Möglichkeit auch nutzen.

Ist das eine Kritik an den bestehenden Gesamtschulen?

Das ist eine Kritik an der Behörde, die nicht ermöglicht, dass die Gesamtschulen bis zum Abitur gehen.

Thema Halbzeitkampagne der SPD: Henning Scherf hat gerade noch einmal erklärt, dass die Große Koalition sehr gut arbeite. Was heißt Halbzeitkampagne für die Jusos?

Die Sanierungsphase wird jetzt schon verlängert bis 2010, weil keine Erfolge erzielt wurden. Wir müssen uns angucken, was mit den Geldern eigentlich passiert ist. Am Musical Jekyll&Hyde sieht man, dass die SPD jetzt langsam versteht, wo Gelder zum Fenster rausgeworfen worden sind. Wir können nicht solche Investitionen finanzieren und zugleich bei Jugend und Bildung drastisch streichen.

Das ist ein kritischer Blick auf diese Koalition.

Es geht um das, was nach 2003 passiert, weil die große Koalition nicht fortgesetzt wird.

Wer sagt das?

Das sagen die Jusos, und auch Henning Scherf hat immer gesagt: Acht Jahre große Koalition. Unser Ziel muss es sein, danach die absolute Mehrheit wieder zu erreichen oder zumindest eine rot-grüne Koalition.

Scherf wie auch Klaus Wedemeier haben einmal angefangen als Juso-Vorsitzende. Wollen Sie Berufspolitiker werden?

Ich finde Politik interessant, aber derzeit weiß ich das noch nicht. Ich möchte Abitur machen und habe nicht vor, im Jahre 2003 für die Bürgerschaft zu kandidieren. Ich möchte erst einmal mit meinen Inhalten Erfolge erzielen.

Und dann auch studieren?

Ich würde gern studieren, Volkswirtschaft vielleicht.

Fragen: K.Wolschner