Pizarro für Feinschmecker

Bärenstarke Bremer versauen den schwächelnden Schalkern die Tabellenführung: 2:1 gewinnt Werder im Weserstadion und Claudio Pizarro verwöhnt das Publikum mit einem Traumtor

aus Bremen JOCHEN GRABLER

Guter Laune war er nicht gerade, der Schalker Trainer. Da hatten sie Huub Stevens noch mal die Sensationen aus Unterhaching und Rostock unter die Nase gerieben, frech verbunden mit der gar nicht netten Frage, ob es ihn nicht ärgern würde, dass die so greifbar nahe Tabellenspitze doch so fern geblieben war für ihn und seine Schalker. „Ich guck nicht nach den anderen, ich gucke nach uns“, knurrte Stevens zurück. Ende der Durchsage. Der 04-Übungsleiter hatte die undankbare Rolle des Favoriten nach dem Sturz zu übernehmen, denn dieser Samstagnachmittag im Bremer Weserstadion hatte so eindeutig dem Heimteam gehört, dass der Gästecoach nur zugeben konnte, das 1:2 seiner Schalker bei Werder „war ein gerecht verlorenes Spiel“.

Diese bärenstarken Bremer waren einfach zu übermächtig für die deutlich schwächelnden Schalker. Seit dem Jahreswechsel hat sich Werder in einen wahren Punkterausch gespielt. Erst die deutlichen Heimsiege gegen die 60er und den Nordrivalen HSV, dann das Unentschieden in Dortmund – die nicht sonderlich erfolgsverwöhnten Bremer platzen derzeit geradezu vor Selbstvertrauen. Ausreichend Selbstvertrauen jedenfalls für eine weitere Leistungssteigerung am Samstag: Gegen Schalke bot Werder die stärkste Halbzeit der laufenden Saison.

Die Preisfrage vor dem Anpfiff lautete: Wie viel Offensive würde Werder-Trainer Thomas Schaaf seiner Truppe zutrauen, wie viel Defensive würde gegen die hochgefährlichen Schalker ausreichen? Stevens setzte wie erwartet auf die zuletzt erfolgreiche Attacke-Formation mit seinen drei Klasse-Stürmern Sand, Mpenza und Asamoah nebst Offensiv-Fachkraft Möller. Schaaf allerdings ließ keineswegs eine reine Sicherheitstruppe auflaufen. Im Gegenteil: Obwohl der zuletzt enorm starke Abwehrchef Verlaat gelbgesperrt pausieren musste und Marco Bode wegen einer Verletzung fehlte, saßen die ausgewiesenen Defensivkicker Trares, Wiedener und Dabrowski nur auf der Bank. Spielen durfte statt dessen der Nachwuchstechniker Banovic, in der Defensive half Stürmer Stalteri gegen die schnellen Schalker Spitzen aus, und Baumann gab den Abwehrchef.

Was grandios funktionierte. Die entscheidenden Duelle jedenfalls gewannen die Bremer: Frings hatte Mpenza meist im Griff, und wenn der Schalker sich mal durchsetzte, verhudelte er die besten Chancen. Der flotte Stalteri ließ dem behäbigen Asamoah kaum einen Quadratmeter Entfaltungsfläche; im Gegenteil: Oft genug musste der Gelsenkirchener Außenstürmer seinem vermeintlichen Bewacher hinterherrennen. Und der begnadete Torjäger Ebbe Sand bekam gegen den überragenden Mladen Krstajic kaum einen Stich.

Nur folgerichtig, dass Sand den Schalker Anschlusstreffer in der 66. Minute just in dem Moment machen konnte, als Krstajic nach einem Zusammenprall mit Büskens benommen parterre lag. Und von Möller ist zu sagen, dass er dabei war. Die Vorlage zu Sands Tor und ein prima Freistoß, mehr bekam er nicht zustande, was an den Herren Eilts und Ernst lag. Schließlich: Die seltenen Fehler der Werder-Defensive bügelte Baumann zuverlässig aus, und wenn tatsächlich mal ein gefährlicher Schuss aufs Bremer Tor kam, dann war da noch Frank Rost, der schon seit Wochen in der Form seines Lebens ist. Als besagter Möller in der 36. Minute einen Freistoß eigentlich unhaltbar vom linken Strafraumeck in den rechten Winkel schlenzte, da flog Rost heran, fuhr den Arm aus, lenkte den Ball ums Toreck – und das Bremer Publikum tobte, als hätte Werder gerade das 3:0 gemacht. Weil das 2:0 längst gefallen war. Und weil von zwei starken Offensivformationen die eine auf eine schwächere Defensive traf.

Das war spielentscheidend: Die Schalker Herren Nemec, Hajto und Happe bekamen die Bremer Stürmer Pizarro und Ailton nie in den Griff. Dass es nur zwei Tore für Werder wurden, war für die Schalker noch geschmeichelt, so häufig vergab das südamerikanische Sturmduo die allerbesten Möglichkeiten. Allein Ailton durfte dreimal aussuchen, ob er lieber links oder rechts an Reck vorbei einlochen wollte – zweimal traf er knapp daneben, einmal an den Pfosten. Dafür traf Pizarro für Feinschmecker: Einen 40-Meter-Pass von Krstajic ließ der Peruaner im Sprint zum Tor sanft auf den Spann tropfen, um den Ball – immer noch in der Luft – nicht minder gefühlvoll über den verzweifelt entgegenstürzenden Reck ins verwaiste Schalker Tor zu heben. Zauberhaft! Dass das 2:0 durch einen abgefälschten Gewaltschuss von Fabian Ernst fiel, war angesichts der Bremer Überlegenheit selbst für Stevens „gerecht“. Weshalb sich nun die Frankfurter Eintracht Sorgen machen sollte. Denn da spielt Werder am nächsten Wochenende.

Werder Bremen: Rost - Frings, Krstajic, Stalteri - Baumann - Ernst, Eilts - Banovic, Herzog - Ailton (78. Lee), PizarroSchalke 04: Reck - Latal (62. Kmetsch) - Hajto, Happe - Van Kerckhoven (19. Büskens), Van Hoogdalem, Möller, Nemec (81. Mulder) - Asamoah, Sand, MpenzaZuschauer: 33.065; Tore: 1:0 Pizarro (17.), 2:0 Ernst (26.), 2:1 Sand (66.)