Liebe machen mit der ganzen Welt

Philippe Ramette und Philippe Mayaux zeigen in der Galerie Juliane Wellerdieck Sex-Möbel und -Mobiles

Im Schaufenster der Galerie Juliane Wellerdieck hängt ein seltsames Mobile. Kleine Glastropfen reihen sich an durchsichtigen Bändern. In den Tropfen stecken allerlei rosafarbene Objekte. Ein Herz, aus dem ein Minidildo hervorbricht, findet sich dort ebenso wie Zungen oder eingefärbte Glühbirnen. Die erotisch aufgeladene Installation ist von der Straße aus gut zu sehen. „Viele Frauen, die sonst nichts mit Kunst am Hut haben, kommen herein und finden das alles sehr sinnlich“, sagt Wellerdieck. Lediglich ein Mann erklärte, dass er die Installation pornografisch finde, aber „auch der meinte das positiv und gar nicht vulgär“.

Den „Raum für die Liebe“ haben die beiden Künstler Philippe Ramette und Philippe Mayaux gestaltet. Ramette arbeitet vielseitig und bastelt gelegentlich auch Objekte, „um die ganze Welt im Detail zu sehen“. Durch diese betrachtet er dann, was um ihn herum geschieht. Ein Foto dokumentiert die Aktion. Der in teures Tuch gehüllte Mann sitzt dabei mit weißem Hemd und ordentlich gebundener Krawatte vor einem blauen Himmel. Er blickt durch das Objekt, einen Holzkasten mit einem Loch in der Mitte, der fatal dem sprichwörtlichen „Brett vor dem Kopf“ ähnelt. Sehen kann Ramette offensichtlich gar nichts, das Brett ist massiv. Aber manchmal ist es eben notwendig, die Augen zu schließen, um das Wesen der Dinge zu erkennen.

„Der Betrachter vollendet die Dinge im Kopf, das wusste schon Duchamp“, erklärt Juliane Wellerdieck. Der Erfinder des Objet trouvé ist einer der geistigen Ziehväter der beiden Künstler, die in Frankreich hoch angesehen sind. Dort hatten sie bereits im Centre Pompidou Gelegenheit, den ersten Teil ihres „Espace D’amour“ zu zeigen, dessen Fortsetzung nun bei Wellerdieck zu sehen ist. Ein Globus mutiert dort zu einem „Objekt, um Liebe mit der ganzen Welt zu machen“.

Das ist wörtlich zu nehmen: In die Weltkugel sorgfältig eingepasst ist eine Plastikmöse, die es möglich macht, noch ganz andere Orte als die abgebildeten aufzusuchen. Aber: „Eigentlich sind die Sachen nicht zum Benutzen gedacht“, sagt Wellerdieck. Dennoch legt auch ein anderes Liebesmöbel, ein Holzgestell mit entsprechend ausgeschnittenen Passformen für die Beine, gerade diese Vermutung nahe. Der „Raum für die Liebe“ lässt dem Betrachter jedenfalls viel Platz für die Imagination. Wer will, kann aber auch über das Verhältnis von Sinnlichkeit und Pornografie diskutieren.

RICHARD RABENSAAT

Philippe Mayaux, Philippe Ramette: Espace d’Amour 3, bis 3. 3., Mi–Fr 12–18, Sa 11–17 Uhr, Galerie Juliane Wellerdieck, Torstaße 159