Fleisch vom BSE-Rind? Kein Problem!

aus Genf ANDREAS ZUMACH

Die Schweiz ist ihren Nachbarn in der EU um Jahre voraus: Bereits 1990 verfügte sie ein Verbot der Verfütterung von Tiermehl an Kühe und andere Wiederkäuer. Ausgleichszahlungen für die Bauern gab es dafür nicht. Erst nach Ausbruch der großen BSE-Krise 1996, als die Schweiz hinter Großbritannien die Rangliste der BSE-Fälle anführte, finanzierte der Bundesrat die Vernichtung von 3.000 Rindern aus Herden, in denen Erkrankungen aufgetreten waren.

Eine Tötung von Rindern zum Zwecke der Marktpreisstützung fand bislang nicht statt und ist auch künftig nicht vorgesehen. Weil die Produzentenpreise in der Schweiz seit Beginn der aktuellen EU-Debatte über Rinderwahn aber um über 30 Prozent gefallen sind, will der Bundesrat jetzt für umgerechnet 9 Millionen Mark 800 Tonnen Rindfleisch aufkaufen und nach Nordkorea liefern.

Nach Expertenschätzung belaufen sich die von 1990 bis Ende 2000 angefallenen Folgekosten der BSE-Krise in der Alpenrepublik auf 128 Millionen Mark. Offiziell bestätigt wird diese Zahl allerdings nicht. Denn das federführende Bundesamt für Veterinärwesen hat wegen der unterschiedlichen Zuständigkeiten keinen genauen Kostenüberblick. Seit dem 1. Januar dieses Jahres gilt das Verbot der Tiermehlverfütterung ausnahmslos für alle Tiere. Die vom Bundesamt für Veterinärwesen erwarteten Mehrkosten von jährlich 35 Millionen Mark für die Beschaffung von Ersatzfutter sollen überwiegend vom Bund getragen werden.

BSE-Tests werden in der Schweiz nur im unmittelbaren Umfeld erkrankter Rinder durchgeführt – in der Herde oder der unmittelbaren Familie des Rindes. Flächendeckende Test seien zu kostspielig und nicht notwendig, argumentiert das Bundesamt, weil bereits seit 1990 allen Rindern bei der Schlachtung die Risiko-Organe entnommen werden. Daher sei selbst der Verzehr von Muskelfleisch BSE-infizierter Rinder unbedenklich.

Diese Position geriet in den letzten Tagen jedoch unter massive Kritik, nachdem bereits zum vierten Mal bei einem getesteten und für gesund befundenen Rind bei der Schlachtung BSE festgestellt wurde. Mit einer Informationskampagne will die Regierung jetzt der Verunsicherung in der Bevölkerung entgegentreten. Doch auch die beiden größten Lebenmittelketten Migros und Coop, die zusammen 80 Prozent des Schweizer Marktes abdecken, trauen den Beruhigungen der Regierung nicht mehr. Seit dem ersten Februar testen die beiden Unternehmen systematisch alle über 20 Monate alten Rinder. Ob Migros und Coop die Kosten für diese Tests wie angekündigt tatsächlich selbst tragen oder nicht doch zumindest teilweise an die Kunden und an die Bauern weitergeben, muss sich noch zeigen.