65 Millionen Mark gegen rechts

Die Gelder für das Aktionsprogramm gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sind seit gestern abrufbereit. Die Lea Rosh GmbH erhält 200.000 Mark, für die Opferberatungsstellen fallen bundesweit 5 Millionen Mark ab

von ANNETTE ROGALLA

Seit Monaten ist der Kampf gegen rechts Politikern eine Herzensangelegenheit. Jetzt endlich können Initiativen auch mit konkreter finanzieller Zuwendung rechnen. Mehrere Ressorts stricken am „Aktionsprogramm gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“. Am meisten Geld konnte Bundesjugendministerin Christine Bergmann (SPD) zusammenkratzen. Über ihr Ministerium sind ab sofort 40 Millionen Mark abrufbar.

Mit einer Verstärkung der politischen Bildungsarbeit will Bergmann Rassismus und rechte Einstellungen abwehren. Initiativen in diesem Bereich dürfen mit 30 Millionen Mark rechnen. Das Geld soll in Ost- und Westdeutschland gleichermaßen ausgegeben werden. Gewerkschafter, die in Schulen und Jugendclubs für ein zivilisiertes Miteinander werben, gehören zum Kreis der Begünstigten wie auch die Bundes- und Landeszentralen für politische Bildung.

Allein auf den Zauber von schweren Schriften will sich Bergmann nicht verlassen. Auch prominente Menschen sollen „vor Ort“ für die Demokratie werben. Zum Beispiel Lea Rosh, Gesellschafterin der gleichnamigen Kommunikations & Medien GmbH. Die Journalistin die in den 70er- und 80e- Jahren der westdeutschen Gesellschaft die fortwährende Verantwortung für den Holocaust beibrachte, will sich nun mit einem „Politischen Cafe“ im Osten zu Wort melden. In den kommenden Monaten taucht sie in Guben, Hoyerswerda und anderen Orten auf und fragt solche Sachen wie: Ist Guben wirklich braun?

Jeweils zwei Stunden will Rosh „den Leuten die Möglichkeit geben, ohne Voranmeldung zu diskutieren und um politische Hilfe zu bitten“. Als Gäste bittet die Talkmasterin Oberbürgermeister, Polizeipräsidenten oder Geschäftsführer zu sich an den Tisch. Für das, was ORB und andere Fernsehanstalten kostenlos ausrichten, stellt die freie Medienschaffende Rosh dem Bergmann-Ministerium 200.000 Mark in Rechnung.

In jüngster Zeit haben sich in den neuen Bundesländern viele kleine Bürgerinitiativen gegen rechts etabliert. Auch ihnen sollen ab sofort öffentliche Anerkennung und finanzielle Unterstützung zuteil werden. Falls sie Geld zur Schaffung neuer Arbeitsplätze benötigen, können sie sich beim Xenos-Programm bedienen, das die Bundesregierung mit 25 Millionen Mark über einen EU-Fonds kofinanziert.

Arbeitsstellen alleine lassen aber noch kein Netzwerk gegen rechtsextreme Alltagskultur wachsen. Deshalb will die Regierung zusätzlich zu den Xenos-Geldern noch in die inhaltliche Arbeit der Gruppen investieren. Die Häfte dieses Geld steht für Modellprojekte zur Verfügung, die andere Initiativen gegen Rechtsextremismus beraten und unterstützen. Mit den anderen 5 Millionen Mark will Jugendministerin Bergmann Projekte unterstützen, die sich den Opfern rechtsextremer Gewalt zuwenden. Derzeit existieren Opferberatungsstellen nur in Berlin und Brandenburg. In den kommenden Monaten sollen sie ihr Netz über alle östlichen Bundesländer ausbreiten.

Die Koordination für die mühselige Kleinarbeit übernehmen die Amadeu Antonio Stiftung und die Stiftung Demokratische Jugend in Berlin. Die Geschäftsführerin der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, arbeitet bereits seit drei Jahren als Dienstleisterin für die Zivilgesellschaft. In dieser Zeit hat sie alleine 17 regionale Bratungsstellen für Jugendarbeiter, Eltern und Lehrern gegründet. Nun wird Kahane einem Beirat vorstehen, der im Auftrag der Bundesregierung die 10 Millionen Mark an die Gruppen verteilen soll, die den Opfern helfen.