Tod selbst bezahlt

Slowakische Juden verklagen Deutschland auf Millionenentschädigung. Finanzministerium: „Deportationsgebühren“ fallen unter Stiftungsgesetz

BERLIN taz ■ Der Zentralverband der Jüdischen Gemeinden in der Slowakei hat Deutschland auf die Zahlung von bis zu 180 Millionen Mark Entschädigung für Holocaust-Opfer verklagt. Bei dem Prozess, der am 28. März vor dem Berliner Landgericht beginnt, geht es um an das NS-Regime gezahlte Deportationsgebühren für jüdische KZ-Häftlinge. Wie Klägeranwalt Rainer Arzinger gestern in Berlin erklärte, seien alle Gespräche mit der Bundesregierung über eine Entschädigung ergebnislos verlaufen.

Zwischen März und Oktober 1942 wurden rund 58.000 slowakische Juden in NS-Vernichtungslager deportiert, nur 282 von ihnen überlebten den Krieg. Grundlage für die gewaltsame Umsiedlung war eine Vereinbarung zwischen dem Deutschen Reich und der slowakischen Vasallenregierung, wonach diese für jeden deportierten Juden 500 Reichsmark an die Reichsbank überweisen sollte. Dieses Geld stammte aus enteignetem jüdischem Vermögen. „Die Opfer mussten für ihren Tod im Voraus bezahlen“, sagte der slowakische Rechtsbeistand der Gemeinden, Peter Volko.

Der Vertrag sei „sittenwidrig“ gewesen, betonte Anwalt Arzinger. Die Zahlungen müssten daher zurückerstattet werden. Man sei aber weiter zu einer außergerichtlichen Lösung bereit. Mit dem Geld sollen Friedhöfe und Synagogen erhalten sowie die rund 1.400 Holocaust-Überlebenden unterstützt werden.

Der slowakische Fall, so Volko, falle aus dem Stiftungsgesetz heraus. Leistungsberechtigt ist, wer „im Zuge rassischer Verfolgung unter wesentlicher, direkter und schadensursächlicher Beteiligung deutscher Unternehmen“ Schaden erlitten habe. Hier gehe es aber um eine zwischenstaatliche Vereinbarung. Der Zentralverband hatte im August Klage eingereicht. Wegen der Überlastung des Landgerichts komme es erst jetzt zum Prozess, so eine Sprecherin.

Das Finanzministerium, das die Bundesrepublik vor Gericht vertritt, hält den Zentralverband nicht für klageberechtigt. Ansprüche könnten nur die Opfer selbst geltend machen, so eine Sprecherin zur taz. Zudem sehe das Stiftungsgesetz Entschädigung für Vermögensschäden vor, davon 650 Millionen Mark für humanitäre Zwecke. Der Zentralverband müsse sich an die zuständige Jewish Claims Conference wenden.

Auch der Grünen-Abgeordnete Volker Beck glaubt nicht an den Erfolg der Klage. Die Forderung falle unter das Stiftungsgesetz. „Auch wenn man die Ansprüche moralisch für berechtigt halten mag.“ NICOLE MASCHLER