„Es ist nicht mein Dreck“

■ In Zeiten des Atomkonsens regiert beim Bremer Anti-Atom-Forum Zweckoptimismus / „Aktionsvorbereitungsseminar“ für ein gutes Gefühl und heile Haut beim Castor-Transport

Drei Jahren Schonzeit sind vorbei. Bald rollt wieder der erste Cas-tor nach Gorleben – nur, dass diesmal der grüne Bundesumweltminis-ter Jürgen Trittin für den Transport verantwortlich ist. Für das Bremer Anti-Atom-Forum ist eines trotzdem klar: „Unser Ziel ist es, diesen Transport zu verhindern“. Nach der Pause bei den Castortransporten wird es jedoch auch in Bremen nicht einfach sein, die Gegnerinnen und Gegner zu mobilisieren.

Die BürgerInnen, die sich vor drei Jahren gegen die Transporte engagiert haben, müssen neue Motivation tanken. Doch dass letzt-endlich weniger Aktive auf die Straße gehen werden, nur weil es den „Atomkonsens“ gibt, glaubt Forum-Sprecher Bernhard Stövesand nicht. „Wir haben viel Zuspruch bekommen, als wir beim Bremer Samba-Karneval „Atomaktien“ verkauft haben. Ein großer Teil der Bevölkerung ist gegen Atomkraft und unterstützt die Blockaden“, ist er sich sicher.

Die im Anti-Atom-Forum zusammengeschlossenen Atomgegner selbst empfinden die Unterscheidung des Umweltministers zwischen unnötigen und nötigen Atommülltransporten, mit denen Trittin gegen Castorblockaden argumentiert hatte, als „unverschämt“. Die von Trittin heraufbeschworene „nationale Verpflichtung“, den deutschen Atommüll zurückzunehmen, kann Stövesand nicht nachvollziehen. „Es ist nicht mein Dreck, ich habe ihn nie gewollt. Warum soll ich ihn also ausbaden“, fragt sich der Bremer.

Der Atomkonsens, den die Bundesregierung im vergangenen Jahr mit der Atomwirtschaft ausgehandelt hat und der einen Ausstieg aus der Atomkraft in 30 Jahren vorsieht, ist für das Anti-Atom-Forum kein Grund, sich mit den Protesten zurückzuhalten. Die Atomgegner fordern einen sofortigen Austieg. „Solange Atomkraftwerke weiterlaufen, produzieren sie weiter Atommüll und keiner weiß, wohin damit“, so Stövesand. Eine Lösung für eine sichere Endlagerung des strahlenden Mülls gebe es nicht.

Auch innerhalb des Anti-Atom-Forums würden keine gravierenden Differenzen in der Haltung zum Atomkonsens existieren. Dass die Transporte verhindert werden müssten, darin seien sich alle einig. Allein die Frage, ob die Grünen noch ernst zu nehmen seien, werde diskutiert. Im Forum versammelt sich ein breites Bündnis an Aktivisten. Zusammengeschlossen sind dort unter anderem die BUND-Jugend, die Castorgruppe, der BBA-Laden und die Messstelle für Arbeits- und Umweltschutz. Das Alter der Gegner variiert von 16 bis 70 Jahren, ihr Spektrum reicht von SchülerInnen bis zu Vertretern der guten alten Friedensbewegung.

Der erste Castor seit dem Transportstopp aufgrund der Strahlenkontamination der Atommüllbehälter führt von der französischen Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague ins niedersächsische Gorleben. Die Genehmigung für die Reise der strahlenden Fracht gilt ab dem 26. März. Die Atomgegener im Wendland sind vorbereitet. Bereits am 24. März ist eine Demo in Lüneburg geplant. Von da aus geht es ins Wendland, um den Transport zu verhindern.

Auch das Bremer Anti-Atom-Forum beteiligt sich am Protest. Am 24. März organisiert die Gruppe Busse zur Demo nach Lüneburg und zur Castorblockade ins Wendland. Zuvor findet am 20. März um 20 Uhr in der Kesselhalle des Schlachthofs ein Vorbereitungstreffen statt. Bei einem „Aktionsvorbereitungsseminar“ am 18. März können Aktivisten trainieren, wie sie bei den Protesten eine heile Haut und ein gutes Gefühl bewahren können. Am Samstag vor der Demo in Lüneburg protestiert das Forum in der Bremer Innenstadt gegen den Castor. Eine Aktion der eher heiteren Art findet am nächs-ten Mittwoch am Brill statt. Um 16 Uhr simuliert das Forum dort einen Atomtransport. Bente Hansen