Völlig eingelullt

Der FC St. Pauli unterliegt völlig verdient mit 0:2 gegen Borussia Mönchengladbach  ■ Von Eberhard Spohd

Nach dem Spiel formulierte Hans Meyer fast so etwas wie eine Liebeserklärung: „Ich will hoffen“, sagte der Trainer von Borussia Mönchengladbach, „dass wir uns im Mai gegenseitig Telegramme schicken, in denen wir uns versichern, dass wir uns wiedersehen.“ Es habe ihm am Millerntor seht gut gefallen und er würde sich freuen, wenn der FC St. Pauli auch den Aufstieg in die Bundesliga schaffte. Darüber hinaus lobte er den Gegner für vergangene Taten über den grünen Klee: „St. Pauli ist bisher die einzige Mannschaft, die uns auf dem Bökelberg richtig unter Druck gesetzt hat.“

All das konnte der 58-Jährige auch getrost so formulieren, schließlich hatte sein Team am Montagabend bewiesen, dass es derzeit das beste in der Zweiten Liga ist. Viel besser als St. Pauli. Souverän und ohne größere Probleme wurde den Hamburgern mit dem 0:2 die erste Heimniederlage dieser Saison beigefügt.

So konterte St. Paulis Coach Dietmar Demuth die Aussagen seines Kollegen mit den Worten: „Ich glaube, wir sollen hier eingelullt werden“, um im Anschluss völlig korrekt zu analysieren, warum Mönchengladbach und Nürnberg als Aufsteiger aus der Zweiten Liga wohl gesetzt sind, sein Verein sich aber noch tüchtig zur Decke stre-cken muss, um sich ebenfalls für die Bundesliga zu qualifizieren.

Die Schwachstellen waren schnell auszumachen. Nach 20 Sekunden hätte St. Pauli mit 1:0 in Führung gehen können, doch Chris-tian Rahn scheiterte beim ersten Angriff an Torhüter Uwe Kamps. Danach war vom Spiel der Hanseaten nicht mehr viel zu sehen. Die Gäste vom Niederrhein kontrollierten den Spielbetrieb auf dem Rasen nach Belieben. Nicht einmal einen Treffer mussten sie selbst erzielen. Das erledigte Markus Ahlf, der nach einer verunglückten Aktion des Liberos Dubravko Kolinger den Ball unhaltbar über seinen Torhüter Heinz Weber lupfte.

Als St. Pauli in der zweiten Hälfte der Partie stärker wurde und versuchte, sich selbst Torchancen zu erarbeiten, zeigte das Team vom Bökelberg weitere, eher unsympathische Qualitäten. Jeder Angriff der Braun-Weißen wurde durch einen Tritt, ein Halten oder durch Zupfen am gegnerischen Trikot unterbunden. So kassierten die Gladbacher zwar eine gelbe Karte nach der anderen, waren aber auch schlau genug, sich nicht vom Platz stellen zu lassen. Taktisches foulen nennt man das, eine unfaire, aber äußerst wirkungsvolle Strategie, um den Gegner nicht ins Spiel kommen zu lassen. Zum Ende des Matches bewies dann Peter van Houdt, dass die Gäste doch selbst Tore erzielen können. Vier Minuten vor Schluss erzielte er nach einem schönen Konter das entscheidende 0:2.

Die Niederlage machte deutlich, dass der FC St. Pauli im Moment wohl noch nicht in der Lage wäre, in der Bundesliga mitzuhalten. Zu durchsichtig waren die Angriffszüge, zu einfallslos wurde der Ball immer wieder in den gegnerischen Strafraum gedroschen, wo die bulligen Verteidiger Marcello Pletsch und Steffen Korell keine Probleme damit hatten, ihn per Kopf wieder hinauszuwuchten. Aber auch gegen das Kurzpassspiel oder die Hamburger Flügelzange hatten die Gladbacher immer das richtige Gegenmittel parat.

„Für mich ist Mönchengladbach durch“, sagte St. Paulis Mannschaftskapitän Daniel Scheinhardt nach dem Spiel, „und wir müssen uns an den Verfolgern orientieren.“ Zum Beispiel an der SpVgg Fürth,einem Mitkonkurrenten um den Aufstieg, zu dem das Team vom Millerntor am Sonntag reisen muss. Da müssen Dietmar Demuths Spieler dann beweisen, dass sie sich nicht einlullen lassen.

St. Pauli: Weber, Kolinger, Scheinhardt (ab 73. Gerber), Ahlf, Wehlage, Lotter, Meggle, Bürger, Rahn (ab 63. Bajramovic), Patschinski (ab 63. Konetzke), Klasnic

Mönchengladbach: Kamps, Eberl, Pletsch, Korell, Witeczek, Demo (ab 73. Stassin), Nielsen, Hausweiler, Korzynietz (ab 63. Aidoo), van Lent, van Houdt (ab 86. Osthoff)

Sr.: Knoop – Z.: 20.725 (ausverkauft)

Tore: 0:1 Ahlf (36., Eigentor), 0:2 van Houdt (86.)