FÜR „MEHR SPIELRAUM FÜR VÄTER“ BRAUCHT ES MEHR ALS EINE KAMPAGNE
: Das Schweigen der Mütter

Neue Väter braucht das Land – prima, dass dieser Gedanke nun auch bei der Bundesregierung angekommen ist. Doch „Mehr Spielraum für Väter“, die neue Werbekampagne der Familienministerin Christine Bergmann (SPD), wird nicht viel bringen, wenn sich nicht auch die Arbeitgeber darauf einstellen, dass Kinder zum Leben gehören. Was fehlt, sind Teilzeitangebote. Für Mütter und Väter.

Die Zeitungen quellen über von Stellenanzeigen – für Kindererziehende aber heißt es meist: weiterblättern. Die Standardanforderung für Vollzeitarbeit: „Belastbarkeit und hohe Einsatzbereitschaft, auch außerhalb der regulären Arbeitszeit“, wirkt wie eine unsichtbare Mauer für Mütter. Das Zitat stammt übrigens aus der Ausschreibung unserer gleichstellungsrührigen Bundesfamilienministerin. Die Gleichstellungsformulierung in öffentlichen Ausschreibungen – „Wir sind bestrebt, den Anteil von Frauen zu erhöhen . . .“ – bringt kaum einer Mutter etwas, solange es nur Vollzeitstellen gibt.

Es ist sonderbar, wenn ein Banker nach dem „Elternurlaub“ auf dem betrieblichen Abstellgleis landet. Es ist nicht zu begreifen, dass eine Mathematikerin mit drei Kindern nach ihrer Familienpause zu Hause bleiben muss, statt als Teilzeitkraft bei einer Versicherung rechnen zu dürfen. Es ist ein Armutszeugnis, dass eine Karriereberaterin Müttern dazu rät, bei Bewerbungen grundsätzlich ihre Kinder zu verschweigen. Und es ist paradox, dass die Überstunden in der Bundesrepublik ein Rekordniveau erreicht haben, während sich viele Menschen eine Teilzeitstelle wünschen. Und das bei einer Arbeitslosigkeit von vier Millionen.

Unsere Gesellschaft leistet es sich, gut ausgebildete, fortbildungs- und arbeitsmotivierte Mütter in den Haushalt oder in berufliche Nischen abzudrängen. Soll nun erziehungsbereite Väter das gleiche Schicksal ereilen? Wenn nicht öffentliche wie private Arbeitgeber radikal umorganisieren, dann werden Männer, die sich Zeit für ihre Kinder nehmen, bald genauso an den Vollzeitstellenprofilen scheitern wie bisher Frauen. Die Berufswelt ist skandalös elternfeindlich. Die vielen Mütter, die heute darunter leiden, schweigen. Sie müssten sich lautstark zu Wort melden. BEATE STRENGE