Neue Agrarpolitik beflügelt Naturschutz

Kritik der Umweltverbände an der Novelle des Naturschutzgesetzes wird milder. Künast und Trittin versprechen Nachbesserungen. Morgen beginnt die Anhörung der Verbände. Nabu und BUND wollen Ausweitung des Klagerechts

BERLIN taz ■ Was kann ein Umweltverband gegen die Genehmigung einer industriellen Schweinemastanlage tun, die nicht nur zu viel Gülle für die Böden mit sich bringt, sondern auch aus Tierschutzgründen fraglich ist? Bisher gar nichts und auch nach dem Entwurf für das neue Bundesnaturschutzgesetz nichts. Dennoch fiel die Kritik der Umweltverbände am Gesetzesentwurf gestern, zwei Tage vor der Anhörung im Gesetzgebungsverfahren, deutlich milder aus als vor einem Monat. Der Grund: Umweltminister Jürgen Trittin und Landwirtschaftministerin Renate Künast, beide Grüne, wollen Agrarwende und Naturschutz verzahnen und die Novelle nachbessern. Das jedenfalls haben sie dem Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) und dem Naturschutzbund (Nabu) geschrieben. „Auf Deutsch heißt das, die haben’s begriffen“, lobte Nabu-Sprecher Christoph Heinrich.

Grundsätzlich begrüßten die Verbände die Novelle als „echte Chance für einen Fortschritt im Naturschutz“. Dort ist zum ersten Mal eine „gute fachliche Praxis“ in der Landwirtschaft festgeschrieben: weniger Dünger- und Pestizideinsatz, regionale Ausgewogenheit von Viehdichte und Fläche, kein Umbruch von Wiesen in Ackerland an erosionsgefährdeten Orten wie Hängen und an Flüssen. Zu den Hauptkritikpunkten der Naturschutzverbände gehört aber nach wie vor die unzureichende Definition dieser Praxis. Es fehle die Auflage, regionaltypische Hecken anzupflanzen; zudem sollte die Viehdichte an die Fläche eines Betriebes geknüpft werden und nicht nur an die landwirtschaftliche genutzte Fläche in der Region. „Auch der Tierschutz gehört ins Naturschutzgesetz“, forderte Nabu-Chef Jochen Flasbarth. Vor allem bemängelte er, dass die Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen nicht ausdrücklich ausgeschlossen werde.

Einen Rückschritt sehen die Verbände in der Regelung des klassischen Interessenkonfliktes zwischen Mensch und Natur. Bei Bauvorhaben könnten Ausgleichsmaßnahmen wie z. B. Heckenbau künftig lascher gehandhabt werden, sagte die BUND-Vorsitzende Angelika Zahrnt. Ihr Nabu-Kollege Flasbarth beklagte, die Natur sei in einem „erbärmlichen Zustand“. Die Hälfte der Brutvogelarten stehe auf der roten Liste, das Bodenleben sei vielerorts durch die Landwirtschaft stark beinträchtigt. Nabu und BUND forderten zudem, dass ein in der Novelle erstmals verankertes Recht ausgeweitet werde: Das Klagerecht der Verbände – zum Beispiel gegen Schweinemastanlagen. BEATE STRENGE