Schnapssteuer wurde zum Verhängnis

Menschenrechtler schöpfen Hoffnung: In Guatemala wird die Immunität von Exdiktator Ríos Montt aufgehoben

SAN SALVADOR taz ■ Der Schnaps wurde dem ehemaligen guatemaltekischen Militärdiktator Efraín Ríos Montt zum Verhängnis. Mitte letzten Jahres wollte der heutige Parlamentspräsident der Spirituosenindustrie des Landes einen Gefallen tun. In Tateinheit mit 23 weiteren Abgeordneten aus seiner rechtspopulistischen „Republikanisch-guatemaltekischen Front“ (FRG) senkte er die Alkoholsteuern auf die Hälfte – nachdem sie im Parlament verabschiedet und noch bevor sie im von ihm verantworteten Gesetzblatt veröffentlicht worden waren. Ein Fall von Korruption, entschied der Oberste Gerichtshof am Dienstag. Mit 12 zu einer Stimme hob er die parlamentarische Immunität der 24 auf und ordnete ein Verfahren gegen die 24 an.

Menschenrechtsgruppen haben auf dieses Urteil gewartet. Denn bislang hat noch kein guatemaltekisches Gericht eine Klage gegen den Exdiktator zugelassen. Alle Versuche wurden mit dem Hinweis auf die Immunität Ríos Montts abgeblockt. Dieses Argument ist nun hinfällig geworden.

Der Menschenrechtsanwalt Frank La Rue hat bereits eine fertige Anklageschrift gegen den blutigsten Schlächter der jüngeren Geschichte Guatemalas in der Schublade liegen. Ein ähnlicher Schriftsatz des Menschenrechtsbüros des Erzbistums von Guatemala-Stadt ist nahezu fertig.

Beide folgen in ihrer Argumentation dem Bericht der guatemaltekischen Wahrheitskommission. Die hatte bereits vor zwei Jahren festgestellt: In den 18 Monaten, die Ríos Montt 1982/83 regierte, wurde an den Mayas des Landes Völkermord begangen. Mehr als 400 indianische Dörfer im Norden des Landes wurden dem Erdboden gleichgemacht. Zehntausende Menschen wurden ermordet.

Vorerst jedoch bleibt Ríos Montt Parlamentspräsident. Erst in der vergangenen Woche hatte die FRG mit ihrer Mehrheit die Geschäftsordnung entsprechend geändert. Nach der vorher gültigen Regelung nämlich hätten Ríos Montt und seine 23 Parteifreunde nach der Aufhebung der Immunität ihre Ämter ruhen lassen müssen. Die Opposition hat bereits eine Verfassungsklage gegen die neue Parlamentsordnung eingereicht. TONI KEPPELER