Musiktausch nur für Findige

Internettauschbörse Napster akzeptiert richterliche Verfügung. Geschützte Songs dürfen nicht mehr getauscht werden. Die Musikindustrie muss Listen ihrer Werke vorlegen

BERLIN taz ■ Jetzt ist Fantasie gefragt. Wer morgen nach Madonnas Song „Bad Girl“ in der Internettauschbörse Napster sucht, wird nichts mehr finden. Wer „Bad Girlie“ oder „Bett Girl“ in das Suchfeld eintippt, könnte hingegen Erfolg haben. Der Grund sind Details der einstweiligen Verfügung des Bezirksgerichts Nordkalifornien, die Napster am Dienstag akzeptierte.

Demnach muss Napster den Austausch aller urheberrechtlich geschützten Werke verhindern. Allerdings verpflichtete das Gericht die Musiklabel dazu, Napster Listen mit geschützten Songtiteln zur Verfügung zu stellen. Auf dem Verbotsindex steht dann nur, was Napster bekannt gemacht wird. Auf kleine Schreibfehler muss das Unternehmen bei der Indizierung achten, auf große nicht. „Niemand wird Musik von Madonna finden, wenn das Stück ‚mx3p hoch 2‘ heißt“, sagt Hartmut Spieseke vom Bundesverband der phonographischen Wirtschaft. Allerdings glaubt Spieseke, dass mit dem Einlenken Napsters das Problem des illegalen Musiktauschs nicht vom Tisch ist.

Andere so genannte Peer-to-Peer-Netze, über die Musik ohne eine zentrale Datenbank getauscht werden kann, gibt es schon. Juristisch sind solche Systeme schwer zu belangen. „Aber sie sind viel zu kompliziert, um so erfolgreich zu werden wie Napster“, sagt Frank Sarfeld, Sprecher der Bertelsmann eCommerce Group. Bertelsmann will im Juni aus der Tauschbörse ein kostenpflichtiges Angebot machen. Der monatliche Beitrag wird zwischen 6 und 21 Mark liegen. Damit nicht nur Songs eigener Künstler getauscht werden können, braucht Bertelsmann nach dem Gerichtsurteil Lizenzen der anderen Labels. Universal und Sony erwägen inzwischen, eigene Tauschbörsen aufzubauen. Sarfeld ist optimistisch, dass viele der derzeit über sechzig Millionen Napster-Kunden im Juni bereit sein werden, für den Musiktausch zu zahlen. Dass einige Fans Napster bis dahin die Treue halten, weil sich mit Fantasie doch noch der eine oder andere Song finden lässt, dürfte dem Konzern nur recht sein.

RALF GEISSLER

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