„Völlig neue Lage“

Volker Beck, Abgeordneter der Grünen, erwägt, fehlendes Geld durch eine Abgabe bei der Wirtschaft einzutreiben

taz: Nach dem Urteil von Richterin Kram haben Sie die amerikanische Regierung aufgefordert, ihr Wort zu halten. Müsste sich diese Forderung nicht eher an die Wirtschaft richten?

Volker Beck: Beides. Dieses Urteil steht zum einen in Widerspruch zum deutsch-amerikanischen Regierungsabkommen: Die Zusagen der US-Seite für umfassenden Rechtsfrieden sind nicht eingelöst. Zum anderen hat die Richterin ihr Urteil damit begründet, dass die deutsche Wirtschaft ihr Geld noch nicht bereitgestellt hat. Mit ihrer halsstarrigen Haltung trägt die Stiftungsinitiative einen Großteil der Verantwortung für das Urteil. Wir brauchen jetzt eine schnelle Lösung um der Opfer willen.

Der Kanzler will nun mit den Gründerfirmen der Stiftung reden. Bisher haben moralische Appelle wenig gebracht. Wie lässt sich denn der Druck überhaupt noch erhöhen?

Das Urteil schafft eine völlig neue Lage. Das Gericht will sich mit den Klagen nur noch beschäftigen, wenn das Stiftungskapital da ist. Das Geld muss jetzt her, sonst kommen wir nicht weiter.

Aber die zugesagten fünf Milliarden Mark sind eben bislang nicht auf dem Konto. Wie wollen Sie die Stiftungsinitiative zur Zahlung bewegen?

Dann müssen eben alle Gründerfirmen noch einmal 100 Millionen Mark aufbringen. Für Unternehmen, die bei Fehlinvestitionen schon einmal Milliardensummen in den Sand setzen, ist das eine verkraftbare Summe.

Und wenn sie sich weigern?

Ausgangsbedingung war, dass die Stiftungsinitiative ihren Anteil freiwillig aufbringt. Wenn das scheitert, bleibt nur die Möglichkeit, das Geld über eine Abgabe einzutreiben. Das wollen wir vermeiden. Die Politik wird aber nicht tatenlos zusehen, wenn die Stiftungsinitiative durch fahrlässiges Verhalten die Entschädigung der Opfer gefährdet.INTERVIEW: NICOLE MASCHLER