Mühlen für die Hochsee

Ein neuer Offshore-Bürgerwindpark ist in Planung: Die Betreibergesellschaft sucht für Butendiek 20.000 Anleger, die sich mit je 10.000 Mark beteiligen. Der Park soll schwarze Zahlen schreiben

„Wir möchten, dass die Wertschöpfung der Investition vor Ort bleibt.Damit können wir Akzeptanzfür ein solches Projekt schaffen.“

Wer sich an einem ökologischen Unternehmen beteiligen will, kann Kommanditanteile an Kraftwerken kaufen, die Strom aus erneuerbaren Energien produzieren. Windparks sind in diesem Segment häufig. Neu ist die Möglichkeit, sich an einem Offshore-Bürgerwindpark zu beteiligen, also an einem Windpark auf dem Meer. In Deutschland wurden für Nord- und Ostsee inzwischen 17 Anträge bei den Behörden eingereicht, allerdings hat noch keines dieser Projekte eine Baugenehmigung.

Einen dieser Anträge hat die Offshore-Bürger-Windpark Butendiek GmbH & Co KG (OSB) gestellt, die nach eigenen Angaben „den einzigen echten Offshore-Bürger-Windpark in Deutschland“ plant. Die OSB will rund 40 Kilometer westlich von Sylt einen Park mit 80 Windkraftanlagen errichten, von denen jede 3 Megawatt (MW) leistet. Das Eigenkapital dafür will man von 20.000 privaten Kommanditisten aus der Region einwerben. „Wir wollen keinen Bürgerwindpark für Besserverdienende“, sagt Wolfgang Paulsen, einer der neun Gesellschafter der GmbH. „Darum beträgt die Mindesteinlage 10.000 Mark“ und nach Möglichkeit solle jeder Zeichner nur einen Anteil kaufen. „Mit 20.000 Anlegern hätten wir dann das Eigenkapital von 200 Millionen Mark zusammen.“ Der Park soll von Anfang an schwarze Zahlen schreiben, erklärt Paulsen, Steuersparmöglichkeiten stünden nicht im Vordergrund.

Paulsen hat die Butendiek GmbH – „butendiek“ ist Plattdeutsch für „außendeichs“ – zusammen mit acht anderen Gesellschaftern aus Schleswig-Holstein gegründet. Fünf davon sind bereits Geschäftsführer von Bürgerwindparks an Land, vier sind Landwirte, insgesamt acht leben im Kreis Nordfriesland. „Wir möchten, dass die Wertschöpfung der Investition vor Ort bleibt“, erklärt Dirk Ketelsen von der OSB, der einen Biohof mit Schafen betreibt. „So schaffen wir Akzeptanz für das Projekt.“

Vorbild für die OSB ist der dänische Bürgerwindpark Middelgrunden, der vor Kopenhagen 20 Anlagen mit je 2 MW Leistung betreibt. 8.000 private Anleger finanzierten zehn der Anlagen. Middelgrunden ist damit der bislang weltgrößte Offshore-Windpark und die weltgrößte private Betreibergemeinschaft.

Die OSB beginnt am heutigen Montag offiziell mit der Werbung für den Verkauf ihrer Anteile, es lägen aber schon 5.000 Reservierungen vor. Die Butendieker wollen zunächst in ihrem Heimatkreis Nordfriesland zu insgesamt 20 Bürgerveranstaltungen einladen. Man wolle zwar vorwiegend Menschen aus der Region als Investoren gewinnen, aber Interessenten, die nicht aus Schleswig-Holstein kommen, würden nicht abgewiesen.

Wer sich an dem Park beteiligen möchte, muss eine Risikoeinlage von 500 Mark zahlen, die bei Erteilung einer Baugenehmigung auf 10.000 Mark aufgestockt werden kann. Wer bis dahin von der Investition wieder zurücktritt, bekommt die 500 Mark zurück. Falls es keine Baugenehmigung gibt, sind die 500 Mark unter Umständen verloren.

Grundlage der über 20 bis 25 Jahre gezahlten Rendite – über die genaue Höhe wollte man noch keine Angaben machen – ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das für einen Zeitraum von neun Jahren eine Vergütung von 17,8 Pfennig pro erzeugte Kilowattstunde Windstrom festlegt, sofern die Anlagen bis zum Jahr 2006 am Netz sind. Die Kapitalintensität eines Offshore-Projektes – für Butendiek wird eine Gesamtinvestitionssumme von 700 bis 800 Millionen Mark veranschlagt – galt bisher als Grund dafür, dass das finanzielle Engagement von Kleinanlegern in diesem Bereich nicht möglich, weil zu aufwendig, sei.

Der Antrag für den Park wurde im September letzten Jahres bei der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg eingereicht. Mitte dieses Jahres rechnet die OSB mit der so genannten Antragskonferenz, auf der unter Leitung des BSH die Anforderungen und Bedenken aller Interessenträger – vom Naturschutz über die Schiffahrt bis zu Tourismusverbänden – zusammengetragen werden. Auf der Antragskonferenz werden auch Inhalt und Umfang der vom Antragsteller durchzuführenden Untersuchungen festgelegt. Dazu gehört die aufwändige Umweltverträglichkeitsstudie, in der die gesamte Flora und Fauna vor Ort erfasst werden muss. Die OSB hat schon vorab erste Zählungen von Vögeln und Schweinswalen von Biologen durchführen lassen.

Zum Problem könnte werden, dass die Fläche in einem von Umweltverbänden vorgeschlagenen Important Bird Area (IBA) liegt. IBA-Gebiet ist die Region westlich von Sylt deshalb, weil hier die seltenen Stern- und Prachttaucher häufiger vorkommen als anderswo. Das IBA-Gebiet wurde von Deutschland bislang noch nicht an die Europäische Kommission gemeldet – und genau das könnte für die OSB zum Stolperstein werden. Denn in solchen Fällen verhängt die EU unter Umständen eine Veränderungssperre für das betreffende Gebiet. Rechtlich umstritten ist aber, ob in dem Gebiet, das zur Ausschließlichen Wirtschaftszone Deutschlands gehört, überhaupt EU-Recht zur Anwendung kommt, da hier Internationales Seerecht gilt. Die OSB will ein Gutachten zu dieser Frage in Auftrag geben. Am liebsten wäre es ihr, wenn die Fläche bald nach Brüssel gemeldet würde, da dann Ausnahmen für Schutzgebiete möglich sind. Das zeigt das Beispiel Dänemark, das 50 Prozent seiner Offshore-Windflächen in IBA-Gebieten plant, die indes schon seit längerem der EU gemeldet sind. Bisher gab es von EU-Seite keine Einwände dagegen.

Das Umweltbundesamt, das zu allen Anträgen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone Deutschlands Stellung nimmt, rät allen Antragstellern grundsätzlich dazu, außerhalb von tatsächlichen oder potenziellen Schutzgebieten zu planen. Damit ist allerdings noch nicht gesagt, dass andere Antragsteller keine Chance hätten. Die OSB ist optimistisch, ihr Vorhaben durchzubringen. „Wir wollen Klimaschutz nicht gegen Artenschutz ausspielen“, meint Paulsen. Aber für notwendige biologische Begleituntersuchungen einerseits und die Industrie andererseits sei „ein kleines bis mittleres Projekt wie das unsere als Pilotvorhaben genau richtig“. NICOLE PAUL

Den Beteiligungsprospekt gibt es bei der Offshore-Bürger-Windpark Butendiek GmbH & Co KG, Osterhusumer Straße 56, 25813 Husum, Tel. (0 48 41) 66 95 22 oder unter www.butendiek.de.