Entschuldigungsschlacht um Trittin

Kanzler sieht keinen Anlass, Umweltminister Trittin wegen der Äußerungen zu CDU-Generalsekretär Meyer zu entlassen. Trittin entschuldigt sich über seinen Sprecher. Union findet das „fadenscheinig und lauwarm“ und fordert weiter seine Absetzung

von SEVERIN WEILAND
und LUKAS WALLRAFF

Jürgen Trittin bleibt im Amt. Bundeskanzler Gerhard Schröder ließ gestern die Union mit ihrer Forderung abblitzen, den Umweltminister wegen dessen Äußerungen zu CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer aus dem Amt zu entlassen. Mit Trittins gestriger Entschuldigung sei die Sache „aus der Welt“, meinte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye.

Ob die Union ein Ersuchen um Entlassung Trittins auch im Bundestag stellen wollte, war bis Redaktionschluss unklar. Die SPD hatte schon am frühen Morgen angekündigt, dass sie ein solches Vorgehen zusammen mit den Grünen im Rahmen einer Geschäftsordnungsdebatte zu verhindern wisse. Trittin, der gestern im Wahkampf in Rheinland-Pfalz unterwegs war, hatte am Nachmittag durch seinen Sprecher erklären lassen, dass er Äußerungen „mit dem Ausdruck des Bedauerns“ zurücknehme und sich dafür entschuldige. Anfang der Woche hatte Trittin über den CDU-Generalsekretär gesagt, dieser habe die „Mentalität eines Skinheads und nicht nur das Aussehen“. Nach den ersten empörten Reaktionen hatte Trittin einen Brief an Meyer geschrieben, den die Union ebenso wie die FDP allerdings nicht für ausreichend hielt, obwohl dort am Schluss fast wortgleich eine Passage auftauchte, mit der wenige Wochen zuvor Meyer das verunglückte Rentenplakat der Union bedauert hatte.

Die Union blieb gestern bei ihrem Kurs. Trittin habe die gesamte CDU in diffamierender Art und Weise in die Nähe von Rechtsextremisten gestellt, meinte Fraktionschef Friedrich Merz. Seine gestrige Entschuldigung sei „vordergründig, fadenscheinig und lauwarm“ und entspreche nicht „seinem tatsächlichem Denken“, zumal er sie durch seinen Pressesprecher habe verlesen lassen. Bereits am Morgen hatte sich abgezeichnet, dass Trittins Brief auch in der SPD als unzureichend bewertet wurde. Der Kanzler selbst hatte auf der morgendlichen Kabinettssitzung, bei der Trittin aus Termingründen fehlte, den grünen MinisterInnen nahe gelegt, ihren Kollegen zu einer förmlichen Entschuldigung zu bewegen. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Wilhelm Schmidt, fragte sich wenig später, warum Trittin nicht das Wort „Entschuldigung“ in seinen Brief an Meyer verwendet habe, verwies aber zugleich darauf, dass er noch immer auf eine förmliche Entschuldigung der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel für das Rentenplakat warte. Im Verlaufe des Tages überstürzten sich die Ereignisse in Berlin. Die Fraktion der Union traf sich am Vormittag zu einer Sondersitzung, zu selben Zeit übermittelte Trittins Sprecher Michael Schroeren den Agenturen des Ministers Entschuldigung.

Am frühen Nachmittag erklärte Kanzleramtssprecher Uwe-Karsten Heye schließlich in der Bundespressekonferenz, die Anlegenheit sei aus der Welt, wenn auch Schröder „nicht amused“ über den Vorfall sei. Trittins Entschuldigung sollte nach dessen Rückkehr „in einer Form geschehen, die der Sache angemessen ist“, betonte Heye ohne in die Details zu gehen. Ob damit gemeint war, dass sich Trittin – wie im Falle des Buback-Sohnes – persönlich mit Meyer treffen wird, blieb offen. Dies sei Sache des Ministers, so Trittins Sprecher Schroeren.

Die Grünen versuchten gestern, ihrem Minister die Stange zu halten. Bereits am Dienstag hatten ihn führende Grüne, darunter der dem Realo-Flügel angehörende Fraktionschef Rezzo Schlauch, vor den Anwürfen der Union in Schutz genommen. Auch die Parteispitze meldete sich gestern zu Wort. Der Vorwurf, Trittin habe sich nicht persönlich entschuldigt, sei „absurd“, meine die neue Grünen-Parteivorsitzende Claudia Roth. Die anhaltenden Rücktrittsforderungen der Union zeigten, dass es ihr „mehr um Wahlkampfgetöse“ gehe.