Bahnstreit flaut ab

DB-Chef Mehdorn lenkt ein. Verkehrsminister Bodewig: Schiene bleibt vielleicht doch unter dem Dach der Bahn. Aufsichtsrat segnet Finanzplan ab

von KATHARINA KOUFEN

Der Bahn-Aufsichtsrat hat gestern die mittelfristige Finanzplanung des Unternehmens abgesegnet. Demnach geht Bahnchef Hartmut Mehdorn in denn kommenden drei Jahren von Verlusten von 740, dann 1.100 und schließlich 450 Millionen Mark aus. Für 2004 plant Mehdorn gut 730 Millionen Mark Gewinn ein, 2005 sollen es bereits 1,9 Milliarden Mark sein.

Im vergangenen Jahr hat die Bahn ein positives Geschäftsergebnis erzielt: Das betriebliche Ergebnis betrage 390 Millionen Mark, der Umsatz sei um gut vier Prozent gestiegen, teilte der Konzern mit. Der Umsatz habe letztes Jahr 30,3 Milliarden Mark betragen. Das seien zwar ein Prozent weniger als im Vorjahr. Der Personenverkehr sei um zwei Prozent auf gut 74 Milliarden Personenkilometer und der Güterverkehr um fast 13 Prozent auf rund 81 Milliarden Tonnenkilometer (Kilometer mal Tonne) gestiegen. Davon entfielen auf die DB Cargo 7,4 Prozentpunkte. Damit wurde allerdings nur im Personenverkehr ein überdurchschnittliches Wachstum im Vergleich zur Straße erzielt.

Der Aufsichtsrat bestätigte gestern auch den neuen Vorsitzenden und Preussagchef Michael Frenzel im Amt. Frenzel ist der Nachfolger von Dieter Vogel, der angeblich wegen Differenzen mit Mehdorn zurückgetreten ist. Der wegen der Haushaltslöcher des Konzerns in die Kritik geratene DB-Finanzchef Diethelm Sack wurde ebenfalls im Amt bestätigt; sein Vertrag gilt nun für weitere fünf Jahre. Auch sei der Beschluss gefasst worden, das Planfeststellungsverfahren zum Bau des Stuttgarter Bahnhofs einzuleiten, sagte Aufsichtsrat-Mitglied Albert Schmidt. Allerdings mit zwei Bedinungen: Die Rückgabe der Planungskosten wird verhandelt, falls das Projekt doch noch platzt – was als sehr wahrscheinlich gilt. Und nach Ende des Planfeststellungsverfahrens sollen neue Berechnungen über die Baukosten aufgestellt werden. Höchstwahrscheinlich wird das Projekt mindestens eine Milliarde teurer als bisher geplant. Unterdessen haben sich Bahn und Regierung gestern in ihren Vorstellungen über die Zukunft des Schienenverkehrs einander angenähert. Nach einem Treffen von Mehdorn und Verkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) hieß es: Bei der wirtschaftlichen Trennung von Schienennetz und Bahnbetrieb sei der Verbleib der Netz AG in der Bahn-Holding nicht ausgeschlossen. Bodewig will Schiene und Bahnbetrieb trennen, Mehdorn hat bisher auf „Fahrweg und Transport unter einem Dach“ bestanden.

Nun berief Bodewig den Bahnchef in die „Task Force“, die die verschiedenen Trennungs-Modelle untersuchen soll. Dabei reiche die Variationsbreite „von einer unabhängigen Organisation im Bereich der Holding bis zu einer vollständigen Herauslösung“, so der Sprecher des Verkehrsministeriums, Felix Stenschke. Der Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft Transnet, Norbert Hansen, forderte Bodewig auf, die Trennung von Schienennetz und Bahnbetrieb „ergebnisoffen zu untersuchen“.

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