„Ich schaff's nicht mehr nach Hause“

■ Wie lockt man Touristen nach Bremen, und wie bringt man sie ins Bett? / Ex-Staatsrat Haller und andere plädieren auf einer SPD-Diskussion für touristische Vernetzung

Am Ende hatte man beinah vergessen, dass es die SPD war, die zur Diskussion über touristische Großprojekte und ihren Nutzen für die Bremer Dienstleister geladen hatte. Auf dem Podium repräsentierten Torsten Slink (Handelskammer) und Friedrich Rößler (Hotel- und Gaststättenverband DeHoGa) die Interessen der Wirtschaft. Frank Haller, Ex-Wirtschaftsstaatsrat, und Kopf des BAW–Instituts für Wirtschaftsforschung, lieferte die Ist- und Soll-Zahlen für den touristischen Aufschwung. Walter Drasl schließlich, Geschäftsführer der Event-Agentur Pro Toura, die aus der Vermarktung des Flugsimulators hervorgegangen ist, erzählte aus dem wirklichen Leben eines Reiseveranstalters.

Sie alle plädierten für den Ausbau der touristischen Infrastruktur und mahnten damit indirekt die SPD, nicht vom einmal eingeschlagenen Weg abzuweichen. Weil Bremen bei den Dienstleistungsjobs hinterherhinke, sei es „strukturpolitische Pflicht“, weiter in diesen wachsenden Markt zu investieren, so Frank Haller. Deutlicher wurde der schlecht gelaunte Herr im dunklen Zweireiher, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands Rößler. Zwar lobte er die touristische Schwerpunktsetzung der großen Koalition, warnte aber vor „zerstörerischen Diskussionen“ – er meinte die Potsdamer Beschlüsse, nach denen sich die SPD wieder mehr der Lebensqualität in der Stadt als den touristischen Großprojekten widmen wollte.

Die servile Moderation des SPD-Wirtschaftsdeputierten Helmut Kückens war an Auseinandersetzung nicht interessiert. So argumentierte Rößler munter weiter: Übernachtungsmäßig sei das Musical ein voller Erfolg gewesen – aber eben nur eine Blume im Strauß, der dann nicht fertig gebunden wurde. Und als hätte die SPD daran Schuld, mokierte er sich: „Wenn Space- und Ocean Park schon fertig wären, wären wir bei den Zuwachsraten Spitzenreiter der Bundesrepublik.“

Aber erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Was beim Musical schiefgegangen sei, entwickle sich umso erfreulicher beim Universum. Frank Haller ärgerte sich dennoch: „Wir müssen das touristische Angebot stärker vernetzen, damit die Leute abends sagen: Mensch, ich schaff's nicht mehr nach Hause“ – stattdessen führen die Leute hin zum Universum und wieder weg. Einig waren sich Podium und Publikum auch in der Frage der Stadtwerbung: zu wenig und zu wenig international. Peter Simmering, Chef der HVG-Tochter Bremer Tourismus-Zentrale (BTZ), bedauerte, dass er dafür kein Geld habe. Nicht mal Beck's sei bereit gewesen, eine internationale Werbebroschüre mit 800 Mark zu unterstützen. Auch Gaststätten-Rößler lief beim Thema Werbung zu voller Größe auf: „Das muß man sich mal vorstellen, die BTZ kriegt grade mal vier Millionen an öffentlichen Mitteln, das ist ein Zehntel des Etats vom Theater.“ Vor so viel Staatsfixierung warnte Haller: „Politik ändert sich immer mal, man muss das aber kommerzialisieren“, regte er an. Und ließ sich aus über die Privatisierungen Bremens: „Es reicht nicht, irgendwo GmbH dahinter zu schreiben.“ Auf der Bürgerweide müsse die Hanseatische Veranstaltungsgesellschaft Gelegenheit haben, echt marktwirtschaftlich zu arbeiten – dazu gehöre auch, über Immobilien zu verfügen.

Beim Thema Werbung kam dann auch der Space Park ins Spiel: warum es zwei Jahre vor Beginn eigentlich noch keine Werbung gäbe, wunderte man sich. Simmering wusste immerhin, dass es bald mit dem „Baustellentourismus“ losginge: Da werden Journalisten übers Gelände geführt. „Das Problem ist, dass es noch keine Broschüren für den Endverbraucher gibt.“ Einig waren sich da alle – auch die SPD – dass die öffentliche Hand keinesfalls die Werbung dafür bezahlen dürfe. hey