„Ein bitterer Beigeschmack“

Gespräch mit Jochen Behle, Bundestrainer der deutschen Skilangläufer, über die finnische Dopingaffäre, neuen Teamgeist und eine mögliche Rückkehr des Germanospaniers Johann Mühlegg

Interview HARTMUT METZ

taz: Silber bei der WM in Lahti über 50 Kilometer durch René Sommerfeldt, Bronze in der Staffel. Gelangt der deutsche Skilanglauf endlich aus seinem Schattendasein?

Jochen Behle: Wir haben ein junges Team, das weiter als erwartet ist. Die Läufer hinter dem 26-jährigen René Sommerfeldt wie Axel Teichmann, Jens Filbrich oder Ron Spanuth brauchen noch gewisse Zeit, weil sie erst ein, zwei Jahre im Seniorenbereich starten. Wir freuen uns, dass es in Lahti klappte, aber das kann auch mal schief gehen. Wir wollen jedoch bestätigen, dass die WM kein Zufallserfolg war.

Sind Sie sauer darüber, dass die finnische Doping-Affäre die deutschen Erfolge überlagert hat?

Es steht außer Frage, dass so etwas ein schlechtes Licht auf die gesamte Sportart wirft. Das hinterlässt bei uns einen bitteren Beigeschmack.

Sie waren früher selbst national überragend. International reichte es aber nie zum ganz großen Durchbruch. Hätten Sie dafür dopen müssen?

Tja, oder andere vielleicht nicht (lacht). Es ist klar: Wenn solche Affären wie jetzt aufkommen, macht man sich seine Gedanken über die Leute, die damals vor einem waren. Es bleiben Spekulationen. Letztendlich sind meine Kontrahenten kontrolliert worden, wenn auch nicht auf die heutigen Dopingmittel. Darin besteht vielleicht ihr Glück.

Der suspendierte finnische Cheftrainer Kari-Pekka Kyrö behauptete, die anderen Nationen dopten mit „höllischem Gesundheitsrisiko“.

Diese Aussage ist eine Frechheit. Das eigene Dilemma soll auf Kosten anderer Nationen abgeschwächt werden. Wir haben im DSV das ganze Jahr über Trainingskontrollen. Dass ich nicht für andere Länder die Hand ins Feuer lege, versteht sich von selbst.

Die Deutschen als Vorreiter im Kampf gegen Doping?

Ganz sicher. Ich schlage für die Zukunft vor: Bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften sollten alle potenziellen Starter vorgemeldet werden. Dieser Kreis müsste zumindest vier Wochen tagtäglich den Doping-Kontrollorganisationen zur Verfügung stehen. Und jeder muss drankommen können. So weiß man: Alle, die mitmachen, sind zumindest in der Zeit nicht positiv.

Wie erklären Sie sich die jüngsten deutschen Erfolge? Mit dem Engagement der Galionsfigur Jochen Behle?

Nein, das glaube ich nicht. Wir haben drei Stützpunkttrainer in Oberwiesenthal, Oberhof und Ruhpolding, mit denen das Training genau abgestimmt wird. Wir können jetzt die Sportler besser kontrollieren und analysieren sowie Fehler entdecken.

Hat der DSV diese einfache Trainingssystematik früher verschlafen?

Trainiert haben wir sicher auch schon früher so viel wie die anderen Nationen. Meine Aufgabe besteht darin, die einzelnen Systeme der Stützpunkte unter einen Hut zu bringen. Das führte zu einer besseren Stimmung im Team.

  Das sah man vor allem bei der WM, bei der wir tatsächlich eine Einheit bildeten. Früher unterliefen uns im Umfeld zu viele Fehler, zum Beispiel was die Optimierung im Materialbereich anlangte. All dies zusammen wurde verbessert und ergab ein anderes Team, in dem nicht der eine gegen den anderen arbeitet. Entsprechend gehen die Leistungen nach oben.

Nachdem der Verband mit Johann Mühlegg jahrelang über Kreuz lag, hat sich das Klima jetzt merklich verbessert. Die Deutschen freuten sich zusammen mit dem Wahl-Spanier über seinen WM-Titel über 50 Kilometer. Mit ihm wäre ihre Staffel noch stärker. Kehrt Mühlegg nach Olympia zurück?

Nicht nur die Staffel. Wir hätten dann über 50 Kilometer Gold und Silber! Kein Trainer wäre gut beraten, würde er sagen, er möchte den Weltcup-Vorjahressieger und Medaillen-Kandidaten nicht in seiner Mannschaft haben.

  Johann hat bis 2002 einen gültigen Vertrag mit dem spanischen Skiverband. Ich gehe also davon aus, dass sich bis zu den Olympischen Spielen im nächsten Jahr nichts tun wird. Über eine Rückkehr danach müssen die oberen Etagen des Verbandes mit Johann verhandeln. Von Seiten der Aktiven und Trainer gibt es keine Probleme – das war auch schon anders.