eulennest: Zerstückelung
Der Dachs möchte im Frühling gern zur Dächsin, aber immer kommt etwas dazwischen: Straßen, Bahnen, Stromleitungen. Obwohl längst bekannt ist, dass die Zerschneidung der Landschaft Tier- und Pflanzenarten aussterben lässt, geht der Landschaftsverbrauch unvermindert weiter. Immerhin kann nun die Zerstückelung der Landschaft genauer gemessen werden. Der Umweltwissenschaftler Jochen Jaeger hat dafür an der Stuttgarter Akademie für Technikfolgenabschätzung ein neues Maß entwickelt: die „effektive Maschenweite“.
Dieser „Zerschneidungskoeffizient“ ergibt die Wahrscheinlichkeit, mit der sich zwei Tiere, die sich zufällig irgendwo in dem untersuchten Gebiet aufhalten, begegnen können – ein Ausdruck für die Größe der verbleibenden Lebensräume. Für ein vollkommen unzerschnittenes Gebiet ist die effektive Maschenweite gleich der Größe des Gebietes. Der minimale Wert von 0 km wird erreicht, wenn ein Gebiet vollständig überdeckt wird.
Im Vergleich zu 19 bisher gebräuchlichen Zerschneidungsmaßen, etwa der Länge des Verkehrsnetzes, liefere die effektive Maschenweite aussagekräftigere Werte und sei dennoch leicht zu erfassen. In Zukunft könnten damit Grenzwerte für Landverbrauch festgelegt werden.
Zur ersten Anwendung des neuen Maßes untersuchte Jaeger den „Strohgäu“ zwischen Karlsruhe und Stuttgart. Die effektive Maschenweite der Lebensräume, die einer Tierart übrig geblieben sind, hat sich dort seit 1900 von 7,8 km auf 3,1 km verringert. Dachse dürfen eben bei der Landesplanung nicht mitreden. MARTIN EBNER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen