Klimaschutz? Sorry, Irrtum!

Politiker und Umweltschützer kritisieren Bushs Rückzieher bei der Reduzierung von Kohlendioxid. Der sagt, er habe sich bei seinen Wahlkampfversprechen geirrt

BERLIN taz/dpa ■ Die Ankündigung des amerikanischen Präsidenten George Walker Bush, den Ausstoß von Kohlendioxid in seinem Land nicht zu begrenzen, hat weltweit Proteste ausgelöst. Die französische Umweltministerin Dominique Voynet (Grüne) rief die schwedische EU-Ratspräsidentschaft dazu auf, dem amerikanischen Präsidenten im Namen der fünfzehn EU-Länder „prompt und massiv zu antworten“. Der Direktor der UN-Umweltbehörde Klaus Töpfer sprach von einem „Besorgnis erregenden Rückschlag“.

Bush hatte in seinem Wahlkampf versprochen, den Ausstoß von Kohlendioxid und drei weiteren Schadstoffen zu reduzieren. In einem Brief an vier konservative Senatoren nahm er das Versprechen bezüglich Kohlendioxid am Dienstag zurück und nannte seine Äußerung einen „Irrtum“. Politiker der Demokratischen Partei bezichtigten den Präsidenten der Lüge. „Nun wissen wir, dass Bush in Umweltfragen etwas anderes tut, als er sagt“, erklärte der Vorsitzende des Nationalen Komitees der Demokratischen Partei, Terry McAuliffe. Bush begründete seinen Rückzieher mit den hohen Gaspreisen. Die Regulierung des CO2-Ausstoßes würde die Effektivität der Kohlekraftwerke verringern und die Nutzung von Gas noch verstärken.

Vor dem Weißen Haus demonstrierten am Dienstag Umweltschützer gegen die Entscheidung des Präsidenten. Die Umweltorganisation Sierra Club sprach von einem „folgenschweren Rückzieher“. Die Präsidentin des World Wide Fund for Nature, Kathryn Fuller, sagte: „Die Mehrheit der Amerikaner sieht im Klimawandel ein ernstes Problem und würde eine Reduzierung der Emissionen unterstützen.“

Britische Forscher haben inzwischen erstmals aus dem All den Treibhauseffekt nachweisen können. Die Wissenschaftler berichten in der Fachzeitschrift Nature, dass in den vergangenen dreißig Jahren immer weniger Wärmestrahlung von der Erde in den Weltraum zurückgestrahlt wurde. Dies gilt als Ursache für die Erwärmung des Klimas.

Mit Bushs Rückzieher erscheint es inzwischen als nahezu ausgeschlossen, dass die Vereinigten Staaten den Klimaschutzvereinbarungen von Kioto noch zustimmen. Dort hatte das Land zwar versprochen, bis 2010 seinen Kohlendioxid-Ausstoß um 7 Prozent bezogen auf 1990 zu reduzieren. Das Papier wurde jedoch vom Senat nie ratifiziert. Die USA sind für ein Viertel des weltweiten Ausstoßes an Kohlendioxid verantwortlich.

Die Bundestags-Enquetekomission „Nachhaltige Energieversorgung“ forderte gestern in Leipzig für die Industrienationen eine Reduzierung der Treibhausgase um 80 Prozent bis zum Jahr 2050. „Der schnell wachsende Verbrauch fossiler Energieträger droht das Klima weltweit mit großen Nachteilen für Mensch und Natur zu verändern“, steht warnend in dem Memorandum der Kommission. Alle Staaten seien aufgerufen, eine nachhaltige Energieversorgung zu entwickeln, um die Erschöpfung der Ressourcen hinauszuschieben. RALF GEISSLER