Seuche contra Castor

Wegen Maul- und Klauenseuche Verschiebung des Castor-Transports verlangt. Bauernverband fordert Impfungen. Strenge Grenzkontrollen

BERLIN taz ■ Was haben Maul- und Klauenseuche und Atommüll miteinander zu tun? Eigentlich nichts. Seit gestern aber doch: Bärbel Höhn, die nordrhein-westfälische Umweltministerin, und Atomgegner in Niedersachsen haben gefordert, den für Ende März geplanten Castor-Transport aus Frankreich nach Gorleben zu verschieben. Denn die Zugstrecke streift die von der Seuche betroffene Region in Frankreich.

Seit dem Ausbruch in Frankreich hat der Bundesgrenzschutz 14 Lkw mit Fleisch an der Grenze abgewiesen. Baden-Württemberg hat bereits Desinfektionswannen für Fahrzeuge an Übergängen installiert. Autofahrer mussten über eine Stunde an den Grenzen warten. Tschechien schloss seine Wandergrenzübergänge nach Deutschland.

In Thüringen wurde eine Mastanlage mit 6.000 Schweinen vorsorglich gesperrt, weil dort unklare Tierkrankheiten aufgetreten sind. In Portugal ist eine Rinderherde getötet worden. Zwei aus den Niederlanden importierte Rinder hatten Antikörper gegen Maul- und Klauenseuche.

Durch die Ausbreitung der Seuche, die inzwischen auch in Argentinien, in der Türkei und anderswo grassiert, mehren sich Stimmen, die Impfungen fordern. „Man sollte überlegen, ob man generell wieder mehr impft“, sagte der Berliner Virologie-Professor Hanns Ludwig der taz. Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Klaudia Martini (SPD) sprach sich für Pflichtimpfungen aus. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, forderte die zuständigen EU-Kommissare auf, „die strikte Strategie der Nicht-Impfung“ aufzugeben.

Impfungen gegen den grassierenden Virustyp O sind möglich, werden aber in der EU seit 1992 nicht mehr angewandt – weil Tiere mit Antikörpern auf dem Weltmarkt nicht verkäuflich sind.

Bei Impfungen besteht die Gefahr, dass danach die Krankheit trotzdem ausbricht, aber verdeckt verläuft. So könnte sich das Virus unerkannt verbreiten. Der Verzehr von geimpften Tieren ist unbedenklich.

In Großbritannien stieg die Zahl der betroffenen Höfe weiter auf über 230. Drei neue Erkrankungen wurden in Schottland bestätigt. Der britische Thronfolger Prinz Charles spendete 1,5 Millionen Mark für verzweifelte Landwirte – und Anti-Selbstmord-Beratungen. BEATE STRENGE