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Rückkehr zum alten System

■ Schule Hamburger Straße: Lehrer votieren für Gymnasium

Die Bremer Schulen in der näheren Umgebung der Innenstadt-Gymnasien haben ein gemeinsames Problem: Ihnen laufen die „guten“ SchülerInnen weg. Am Schulzentrum Findorff ist eine „gymnasiale“ Orientierungsstufen-Klasse eingerichtet worden in der Erwartung, dass die meisten dieser 30 Kinder das sechste Schuljahr „überspringen“ können. Abi nach 12 Schuljahren ist das Ziel. „Die meisten wären sonst an den Innenstadt-Gymnasien angemeldet worden“, begründet der Schulleiter Peter Lankenau das Angebot.

Auf der anderen Seite, im Umfeld des Schulzentrums an der Hamburger Straße, gibt es kein entsprechendes Angebot. Da gibt es deshalb eine Eltern-Initiative, die für ihre Kinder eine „gymnasiale“ 5. Klasse statt der traditionellen Orientierungsstufe fordert. Beim Schulleiter der Hamburger Straße stößt die Eltern-Initiative auf Interesse, er verweist allerdings darauf, dass nach den geltenden Regelungen die umliegenden Schulen zustimmen müssten, Schüler an eine 5. Klasse an der Hamburger Straße abzugeben. „Die Schulen geben freiwillig nix ab“, sagt Wilfried Stille, das Ergebnis der ersten Gespräche war negativ. Die Elterninitiative gibt aber noch nicht auf. Die Lehrerkonferenz an der Hamburger Straße hat sich in dieser Woche mit dem Thema sehr grundsätzlich befasst. Denn das Problem ist: Auch in der gymnasialen Oberstufe hat die Schule zu wenig Anmeldungen, um ein breites Angebot an Leistungskursen machen zu können. Am Mittwoch gab es daher in der Lehrerkonferenz ein eindeutiges Votum: Nahezu geschlossen stimmte das Kollegium dafür, dass die Schule versuchen soll, zum Schuljahrsbeginn im Sommer 2002 ein „durchgängiges Gymnasium“ von der Klasse 5 bis zur Klasse 13 zu werden, ein „Schnellläufer-Angebot“ inclusive. Bildungssenator Willi Lemke hatte angekündigt, solche Angebote solle es in jedem Stadtteil geben - im Bremer Osten hat bisher noch niemand „hier“ geschrien.

Wie kommt es zu einer solchen Geschlossenheit? Im Kollegium an der Hamburger Straße sind einige Lehrer, die „seit 30 Jahren“ gegen das Bremer Konzept der Stufen-Zentren sind. Es sind aber andere, die noch vor kurzem das Gymnasium als „Schritt zurück“ in der Schulreform betrachtet und abgelehnt hätten. „Aber die Stufenschule, so wie sie ist, hat sich nicht bewährt“, sagt eine Lehrerin. Aus dem Schulzentrum eine Gesamtschule zu machen, wie es einmal die Idee des SPD-Schulgesetzes war, das kommt an der Hamburger Straße niemandem in den Sinn. Denn dort kann man in der Oberstufe vergleichen, welche Voraussetzungen SchülerInnen von der Gesamtschule Mitte (GSM) mitbringen. Die Erfahrung ist paradox: SchülerInnen, die von einem stabiles Elternhaus im Hintergrund gefördert werden, kommen an der Gesamtschule gut zurecht. Aber solche, die besonders auf schulische Förderung angewiesen wären, haben es an der GSM schwer. Aus „Ratlosigkeit“, sagt einer aus dem Kollegium der Hamburger Straße, ist die Zustimmung zu dem Konzept „zurück zum Gymnasium Hamburger Straße“ so breit. K.W.

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