Schon wieder: Baggern für Meyer

■ Neues Planfeststellungsverfahren zur weiteren Emsbegradigung: Dem Sperrwerk sollen weitere Eingriffe am Fluss folgen, weil die natürliche Wasserhöhe für Meyers Luxusliner nicht reicht

„Erst hat man der Ems Daumenschrauben verpasst, jetzt folgt der ökologische Todesstoß“, sagt fast resigniert ein ostfriesischer Umweltschützer zu den neuesten Plänen für eine Ems-Begradigung. Galt das Emssperrwerk im ostfriesischen Gandersum bis gestern noch als einzige Rettung, um die Luxus-Liner aus der Papenburger Meyer-Werft sicher in die 40 Kilometer entfernte Nordsee zu bugsieren, so ist dies heute Brackwasser von gestern. Denn jetzt wird damit begonnen, die Ems zu begradigen. Das jedenfalls sieht ein Plan des Wasser- und Schifffahrtamtes Emden (WSA) vor, der derzeit zur Genehmigung in Gemeinden und bei Institutionen ausliegt.

Der Plan sieht vor, die Ems zwischen Jemgum und Oldersum „anzupassen“, das Fahrwasser zu „harmonisieren“ und „neue Fahrrinnen herzustellen.“ In diesem Bereich schlängelt sich die Ems in einer lang gezogenen S-Kurve. „Aus einem lebendigen Fluss wird ein toter Kanal gemacht“, schimpft Ems-Anwohner Walter Bünker. „Begradigung würde ich das nicht nennen. Es handelt sich um eine lang geplante, strombauliche Optimierung“, versucht dagegen Sönke Mesenburg, Leiter der WSA Emden, zu beschwichtigen. Von Fluss-begradigung will er nichts wissen. Er räumt aber ein: „Dass unsere Maßnahme mit dem Bau des Emssperrwerkes zusammenfällt, kann zu Missverständnissen führen.“ Wie wahr.

Als Bundeswasserstraße hat die Ems zwei „Etagen“. Die erste Etage für den normalen Schiffsverkehr ist 6, 30 Meter tief. „Die zweite Etage wird fallweise mit 7,30 Meter Tiefe vorgehalten, dann nämlich, wenn die Meyer-Werft ihre Schiffe überführt“, so Mesenburg. Eigentlich sollte der Bau des Emssperrwerks weitere – teure – Baggerungen überflüssig machen. Statt die Ems weiter zu vertiefen, sollte das Sperrwerk den Fluss ab 2002 so aufstauen, dass Meyers Schiffe künftig durchkommen.

„Es muss aber weitergebaggert werden, sowohl für den normalen Unterhalt, als auch für die Meyer-Werft, sogar dann, wenn gestaut wird“, stellt jetzt der Chef der WSA Emden fest. Um diese Baggerei so gering wie möglich zu halten, will die WSA also zwei Kurven begradigen; offiziell, um die Fließgeschwindigkeit zu erhöhen, und den Schlicktransport so weiter zu befördern.

Nach dem bisherigen Planfeststellungsbeschluss soll Meyer künftig zweimal im Jahr seine Dampfer über die Ems bringen können. Allerdings nicht im Sommer, denn während der heißen Monate würde ein Stau der Ems den Sauerstoff abdrehen; ein massenhaftes Fischsterben wäre die Folge. Laut WSA möchte Meyer allerdings jetzt auch im Sommer über die Ems. „Wir müssen nur für die Fahrtiefe sorgen. Ob mit Stau oder ohne, das hängt dann von den planfestgestellten Bedingungen ab“, gibt sich Sönke Mesenburg sybillinisch.

Umweltverbände erwarten nun erst recht eine ökologische Katastrophe. Zugleich gibt die geplante Begradigung durch die WSA all denen Recht, die ohnehin befürchtet haben, der Bau des Sperrwerks würde nicht der letzte Eingriff an der Ems bleiben. „Aus unserer Sicht folgt nach dem Bau des Sperrwerks jetzt die Begradigung des Flusses“, sagt der Gandersumer Umweltschützer Uwe Sager. Klipp und klar hatte der Papenburger Ehrenbürgermeister und Sprecher der Pro-Sperrwerk Initiative bereits 1999 in einem taz-Gespräch gefordert. „Die Ems ist eine Bundeswasserstraße. Wenn sie begradigt werden müsste, dann, um die Arbeitsplätze der Meyer-Werft zu sichern.“

Der Kampf der Umweltverbände gegen das Streitobjekt Sperrwerk geht voraussichtlich im April zu Ende. Dann findet in Oldenburg das Hauptverfahren des Bundes für Umwelt- und Naturschutz, BUND, als Sammelkläger gegen das Emssperrwerk statt.

Thomas Schumacher