die stimme der kritik
: Betr: Maul- und Klauenseuche/Castor

Atommüll jetzt noch viel schlimmer

Es gibt eben Läuse und Flöhe, pflegte die schlaksige Spätschicht im Berliner Urban-Krankenhaus fröhlich zu räsonieren. Und meinte damit, dass ein Patient, der, sagen wir mal, ein anständiges Ulkus spazieren trägt, deshalb noch lange nicht gegen Fußpilz, Gallenkolik oder eine akute Hodenschwellung gefeit ist. Manchmal, gar nicht so selten, kommt das Böse im Duett. Pest oder Cholera? Wieso eigentlich oder?

Was für Urban-Patienten gilt, trifft jetzt leider auch für den allseits beliebten total sicheren Castorbehälter zu. Dass die Dinger bis Oberkante Unterlippe, bis hoch zum löchrigen Deckelsystem mit gut abgehangenem Atommüll aus dem Plutonium-Supermarkt La Hague gefüllt sind, ist an sich schon hässlich genug und – sorry, Joschka, Jürgen, Fritze! – jede Menge Blockaden wert. Dass die Atommüllkutscher jetzt aber noch quer durchs MKS-Land Frankreich fahren, mitten durch das betroffene Departement Mayenne, und sich dann unter Polizeischutz virenbeladen der deutschen Grenze nähern, um unter Absingen schmutziger Lieder unser Land zu durchseuchen – Jungens, da hört der Spaß wirklich auf.

Sollten dann noch zigtausende Demonstranten die Virenschleuder blockademäßig empfangen und am nächsten Tag mit ungewaschenen Füßen nach Hause fahren, dann würde so die Seuche von Flensburg bis Bodensee umsonst und draußen quer durch die Republik verbreitet. Gerade die Bauernschaft ist unter Atomgegnern traditionell stark vertreten. Also: Nicht nur Gorleben ist überall, auch die Maul- und Klauenseuche. Zudem, liebe Rot-Grüne: Dürfen wir Frankreichurlauber ernsthaft zum Reiseverzicht vergattern und im gleichen Atemzug dem Riesenkonvoi mit Viren und Atommüll freie Fahrt geben? Dürfen wir das?

Natürlich wissen wir, dass Castortransporter völlig ungefährlich sind und ein Löffelchen Plutonium noch niemand geschadet hat. Natürlich würden es auch die Viren niemals wagen, sich ausgerechnet an einen Brennelemente-Transporter ranzuhängen. Die sind ja nicht blöd. Aber: Liebe Freunde der Pirouetten des Elektrons: Was machen wir mit den Herren Polizisten und ihren Gummistiefeln, mit den Begleitfahrzeugen, mit dem Lkw-Fahrer, mit dem ganzen Tross? Alle an der Grenze keulen? „Das geht doch nich!“, meint auch Kanzler Schröder. Deshalb gilt ab sofort: Plutonium bringt nicht nur Omi um, sondern auch Kälbchen Peter und Sau Susi. Mithin: Stoppt den Seuchencastor! – MKS & AKW? – nee! MANFRED KRIENER