SPD stellt sich vor die Wahl

Fraktionssprecher droht: Entweder geht Landowsky oder wir. SPD-Linke will auf Landesparteitag im April Koalitionsausstieg beantragen. CDU zieht Beschluss über Sanktionen wegen Spendenaffäre vor

von RALPH BOLLMANN

Jetzt kann die SPD nicht mehr zurück. Entweder tritt CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky zurück – oder die Sozialdemokraten verlassen die Koalition. Wenige Tage, nachdem der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Wowereit erstmals offen mit Neuwahlen gedroht hatte, betonte sein Sprecher Peter Stadtmüller gestern die Entschlossenheit der Partei. Es werde keine „Papiertiger-Nummer“ wie 1994 geben, als die SPD vergeblich den Rücktritt des CDU-Innensenators Dieter Heckelmann gefordert hatte.

Aus „staatspolitischer Verantwortung“ für Berlin müsse die SPD selbst dann einen Urnengang anstreben, wenn sie sich eines Wahlerfolgs nicht sicher sein könne, sagte Stadtmüller: „Es gibt eine Entwicklung, bei der man einfach handeln muss.“ In dieser Frage sei die Einigkeit der Partei „gigantisch“. Die Position der Fraktion werde von Parteichef Peter Strieder „mit aller Entschiedenheit“ unterstützt, sagte dessen Sprecherin.

Ins Blickfeld gerät dabei immer mehr der SPD-Landesparteitag am 7. April, dessen Schwerpunkt eigentlich die Bildungspolitik sein sollte. Vertreter des linken Donnerstagskreises in der Partei kündigten gestern an, sie wollten dort den Ausstieg aus der Koalition zur Abstimmung stellen. In einem solchen Antrag müssten die Bedingungen formuliert werden, „unter denen die SPD bereit ist, die Koalition mit der CDU fortzusetzen“, sagte der Abgeordnete Hans-Georg Lorenz.

Sechs der zwölf Kreisvorsitzenden stellten in einer gemeinsamen Presseerklärung fest, „eine vertrauensvolle und effektive Zusammenarbeit zwischen den Koalitionspartnern“ sei „zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben“. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) müsse „die überfälligen personellen Konsequenzen“ ziehen und „von der verantwortungslosen Schönfärberei der gegenwärtigen Lage ablassen“.

Vor diesem Hintergrund will sich der CDU-Landesvorstand bereits vor dem Parteitag des Koalitionspartners mit möglichen Sanktionen gegen die Akteure der Spendenaffäre befassen, wie Parteisprecher Matthias Wambach gestern bestätigte. Ursprünglich sollte das Votum des innerparteilichen Ehrenrats, der einen Verweis gegen Landowsky empfohlen hatte, erst am 9. April besprochen werden, also zwei Tage nach dem SPD-Parteitag.

Einfluss auf die Berliner Debatte hat auch das Wahlergebnis in Hessen, wo die CDU trotz ihrer Spendenaffäre aus den Kommunalwahlen am vergangenen Sonntag gestärkt hervorging. Es sei jetzt eine „Denksportaufgabe“ für die Berliner SPD, ob sie nach dieser Erfahrung noch Neuwahlen anstreben wolle, sagte Wambach. Diepgen bezeichnete die Hessen-Wahl als „wichtigen Fingerzeig auch für Parteistrategen in Berlin“.

Die sozialdemokratische Geschlossenheit wurde gestern allein vom Parteilinken Stefan Grönebaum gestört, der im vergangenen Jahr gegen Parteichef Strieder kandidiert hatte. Grönebaum warf der Parteispitze vor, sie greife mit der bloßen Forderung nach einem Rücktritt Landowskys zu kurz. Die SPD müsse auch „inhaltliche Bedingungen“ für einen Verbleib in der großen Koalition formulieren. Landowskys Missmanagement dürfe nicht dazu führen, dass kein Geld mehr für Reformen im Bildungssystem zur Verfügung stehe.