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Morgen die Welt

Gitarrenpop auf Marktniveau: Uncle Ho im Knaack-Club

Wieder einmal muss das Hohelied auf die Provinz gesungen werden. Was wäre dieses Land ohne Hannover, Ulm und Berensen bei Lütgenrode bei Göttingen. Aus diesen Städten stammen solche erfolgreichen Exportartikel wie die Scorpions, Die Happy und Guano Apes.

Das Problem: Das Ganze hat ja auch was mit Musik zu tun, und die ist in solchen Fällen meist nicht so aufregend. Trotzdem finden sich immer wieder Willige, die gerne ins lukrative Geschäft mit schwermetallenen Gitarren und eingängigen Melodien einsteigen möchten. Letztes Beispiel: Uncle Ho, die nun einen Plattenvertrag bei einem schnuckeligen, internationalen Musikkonzern unterschrieben haben, um von Wuppertal aus die Charts zu erobern. Heute Westfalen, morgen die Welt.

Das Trio gründete sich 1994 als Duo mit Rhythmusmaschine, begann HipHop mit Punk zu verschmelzen und wurde dafür als Beastie Boys aus dem Bergischen beschimpft. Das gab man schnell wieder auf, gewann die unvermeidlichen Rockförderpreise, landete durch obskure Verwicklungen einen Plattenvertrag bei einem kleinen US-Label und mit dem hübschen Midtempo-Rocksong „Bubblehead“ gar einen überraschenden Mini-Hit in dortigen College Radios, der schließlich zu einer Tour durch die USA führte. Für ihr mittlerweile drittes Album „Show Them What You Are Made Of“, dem ersten für die neue große Plattenfirma, haben sie „Bubblehead“ noch einmal aufgenommen.

„Schiss“ hatten sie, man könnte ihnen „Kohlemacherei vorwerfen“, verkündete Bassist und Sänger Julian Constantin schon vor mehr als drei Jahren, als man erstmals ein wenig poppiger wurde. Aus dem Dilemma haben sie bis heute nicht herausgefunden. So bescheinigte ihre erste Single beim Major dem Zuhörer in schöner, altmodischer Punkrockrotzigkeit zwar „I don’t care if you like me“, aber es klingt nur mehr wie ein letzter Hilferuf, bevor man sich dem Mainstream ergibt. Es gibt auch auf „Show Them What You Are Made Of“ zwei, drei fies abrockende Stücke, die sich schlecht ins Einheitsradio einpassen lassen, der Rest allerdings ist gut abgehangener Poprock, der sich an Branchenführern wie Foo-Fighters oder Bush misst. Inzwischen hätten sie mindestens Fußballstadien verdient – und wenn nur als Strafe, dass sie ihre kleine Indie-Seele an den Teufel verkauft haben. THOMAS WINKLER

Heute, 21 Uhr, Knaack-Club, Greifswalder Str. 221, Prenzlauer Berg

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