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Mehr Arbeit für KonsumentInnen-Lobby

Verbraucherzentrale fordert Verdopplung ihres Zuschusses  ■ Von Gernot Knödler

Verbraucherschutz ist wie der Kampf Davids gegen Goliath. Ein gutes Dutzend Organisationen mit einer Handvoll MitarbeiterInnen stehen Unternehmen gegenüber, deren Marketing-Etat alleine unendlich viel größer ist als alle Töpfe der VerbraucherschützerInnen zusammen. Wenn zum Beispiel die private Altersfürsorge eingeführt wird, sieht sich das Zweier-Team der Hamburger Verbraucherzentrale Hunderten von provisionsorientierten Versicherungsverkäufern gegenüber. Damit sie ihre wachsenden Aufgaben bewältigen kann, hat die Hamburger Verbraucherzentrale gestern eine Verdoppelung ihrer Zuwendungen von der Stadt gefordert. Überdies müsse der Senat den Verbraucherschutz als Aufgabe aller Behörden begreifen.

Der Zeitpunkt für diese Forderungen ist günstig. Aufgrund der BSE-Krise waren die Ernährungs-BeraterInnen der Zentrale, Silke Schwartau und Armin Valet, in allen Medien. Die Maul- und Klauenseuche hält das Thema am Kochen. Und mit der Liberalisierung der Märkte für Telekommunikation und Energie, dem elektronischen Handel, der Einführung des Euro sowie der privaten Altersvorsorge kommen neue Themen hinzu.

Wie Silke Schwartau berichtete, hat sich die Zahl der Ratsuchenden in Ernährungsfragen zum Ende des vergangenen Jahres hin fast verdreifacht. Mehr als die Hälfte von ihnen hatte Fragen direkt zum Thema Rinderwahnsinn, ein weiteres Drittel zu gesunder Ernährung. „Wir verkaufen in zwei Monaten so viele Faltblätter zu ökologischem Essen wie sonst in zwei Jahren“, sagte die Beraterin. Die Schar ihrer KollegInnen ist allerdings nicht gewachsen.

Günter Hörmann, der Geschäftsführer der Verbraucher-Zentrale, forderte deshalb, dass der städtische Zuschuss für die Ernährungsberatung ebenso wie die Förderung der Verbraucherzentrale als Organisation verdoppelt wird. „Die Wirtschaftsbehörde fördert die Kernaufgaben der Zentrale nur mit 50 Pfennigen pro HamburgerIn und steht damit an elfter Stelle der Bundesländer“, erklärte Hörmann. Selbst ein so armes Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern gebe pro EinwohnerIn mehr als das doppelte für seine Verbraucherzentrale aus.

In Hamburg wird der Verein von unterschiedlichen Organisationen wie den Gewerkschaften, Wohlfahrts- und Umweltverbänden getragen. 55 bis 60 Prozent seiner Einnahmen kommen von der Stadt und vom Bund, der Rest stammt vor allem aus Beratungsgebühren und dem Verkauf von Broschüren. Das Problem hierbei ist allerdings, dass manche Beratungsthemen kostendeckende Gebühren ausschließen. Während ein Eigenheim-Interessent für die Prüfung des Kaufvertrages ab April 200 Mark statt 150 zahlen soll, ist ein überschuldeter Klient froh, wenn er das Geld für die Fahrkarte nach St. Georg aufbringen kann .

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