Startschuss für das Routennetz

Nach Jahren der Stagnation kommt wieder Bewegung in den Ausbau des Berliner Veloroutennetzes. 120 von geplanten 660 Kilometern sollen noch in diesem Jahr gebaut werden. Von fünf Millionen Mark wurden drei Millionen bereits freigegeben

von TILMAN VON ROHDEN

Die Berliner Politik gibt in vielen Fällen keine gute Figur ab. Gerade in diesen Tagen scheint sich alles um Befindlichkeiten und Personen zu drehen, wobei die Sachpolitik auf der Strecke bleibt. Wie schön, wenn es dann doch auch einmal Positives zu berichten gibt. Und dann auch noch im Zusammenhang mit Radfahrern, die als Rüpel des Asphalts ständig am Pranger stehen und oftmals nur eindimensional wahrgenommen werden – als Störfaktor.

Peter Strieder (SPD), der zum fragwürdigen Bild von Politik und Koalition gewiss seinen Teil beiträgt, soll hier einmal nicht kritisiert werden. Wir wollen ihn loben: dafür, dass er das lethargische Dahindämmern der Berliner Velorouten für beendet erklärt hat und alle Voraussetzungen schafft, das Los der Radfahrer etwas zu erleichtern.

Fünf Millionen Mark will der Senator für Stadtentwicklung dieses Jahr in den Ausbau der Velorouten pumpen. Die ursprünglich vorgesehenen drei Millionen Mark wurden nach heftiger Kritik der Fahrradlobbyisten aufgestockt.

Von den fünf Millionen Mark sind drei Millionen Mark freigegeben, die Haushaltssperre kann ihnen nichts anhaben, selbst wenn sie bis Jahresende andauern würde. Die restlichen zwei Millionen Mark entfalten nur dann ihre positive Wirkung, wenn dafür Einzelanträge vorliegen. Auf die tatsächliche Verwendung der Mittel hat Strieder nur begrenzten Einfluss, denn bauen werden die Bezirke.

In der Vergangenheit taten diese sich jedoch schwer, das 1994 vom Senat verabschiedete Veloroutenkonzept umzusetzen. Denn für die Ausführung stellte der Senat den Bezirken keine Mittel zur Verfügung. Sie sollten die Investitionen aus dem laufenden Tiefbauhaushalt tätigen. So kam es, wie es kommen musste: Es tat sich nichts, das Veloroutenkonzept blieb für Jahre ein unterernährter Papiertiger.

Die heute bestehenden 40 Kilometer gehen auf die Jahre zwischen 1987 und 1990 zurück, als der damalige Westberliner Senat ein Veloroutenkonzept mit einer Gesamtlänge von 160 Kilometer Länge beschloss. Um nach dem Mauerfall auch Ostberlin in die Pläne miteinzubeziehen, forderte das Abgeordnetenhaus, innerhalb von fünf Monaten ein neues Konzept vorzulegen.

Aus den fünf Monaten wurden schließlich dreieinhalb Jahre. Diesen Aufwand hätte man sich auch schenken können, weil mehrere Anläufe, einen Titel „Fahrradverkehr“ in den Berliner Haushalt zu bugsieren, sämtlich scheiterten. Der damalige Verkehrssenator Klemann (CDU) erklärte sich für nicht zuständig. Die Radfahrerpolitik steht also vor einem Neubeginn.

In dieser Legislaturperiode sollen 120 Kilometer des künftig 660 Kilometer umfassenden Veloroutenkonzeptes gebaut werden. Zunächst entstehen einige der zwölf Umlandrouten, die in der Regel vom Schlossplatz ausgehen und an den Rand Berlins führen. Für dieses Jahr haben sich die Planer im Senat die Routen UR 1 (Unter den Linden nach Kreuzberg und weiter nach Dahlem), UR 3 (Brandenburger Tor bis Theodor-Heuss-Platz, UR 5 (Brandenburger Tor in Richtung Reinickendorf und UR 6 (Schlossplatz in Richtung Pankow). Der Bau der UR 8 (Schlossplatz bis nach Marzahn) wird fortgesetzt, denn im Bezirk Mitte fehlt noch ein Teilstück.

Während die Umlandrouten die City besser an die Randgebiete anknüpfen sollen, haben die geplanten Tangentenrouten (TR) innerstädtische Bedeutung. Da sich die Verwaltung zunächst auf das Machbare konzentriert, soll in diesem Jahr nur die TR 3 in Angriff genommen werden. Sie führt von der Karl-Marx-Allee über die Schillingbrücke nach Kreuzberg mit Anschluss an die Bergmannstraße.

Mit dem Umzug der Bonner kamen Menschen nach Berlin, für die das Radfahren eine bedeutende Rolle spielt. Auf ein fahrradfreundlicheres Klima in der Hauptstadt hat das aber offensichtlich wenig Einfluss: „Der Bund begleitet uns wohlwollend, wir wünschen uns aber mehr Engagement“, fasst der Referatsleiter in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Heribert Guggenthaler, zusammen. Dienstfahrräder in den Ministerien, spezielle Stadtpläne und anderes könnten das Radfahren popularisieren.

Auch könnte der Bund, so wünscht es sich Guggenthaler, ein Modellprojekt anschieben, beispielsweise eine Fahrradverleihstation. Dafür, so hofft er, würde es dann eine finanzielle Förderung durch den Bund geben. Angesprochen auf die Finanzen stellt er fest, „dass man nur mit Geld etwas erreicht“. Die „Politik der goldenen Zügel“ führe dazu, dass die Bezirke „keine Schwierigkeiten“ bei der Umsetzung der Velorouten machten.