Kein Schwein fährt mehr Bahn

Die Deutsche Bahn verzichtet künftig auf Tiertransporte. Die Landwirtschaftsminister von Bund und Ländern einigen sich auf Ringimpfungen, falls die Maul- und Klauenseuche ausbricht. Verdachtsfall in Niedersachsen war offenbar unbegründet

von RALF GEISSLER

Die Maul- und Klauenseuche hat in Deutschland ihr erstes Opfer gefordert: die Bahn. Sie wird künftig keine Tiertransporte mehr fahren. Da die Auftragslage wegen der Tierseuchen schlecht sei, wäre jetzt „die richtige Zeit, den Schnitt zu machen“, teilte das Unternehmen gestern mit. Grundsätzlich halte man Transporte auf der Schiene für schonender als auf der Straße. Aber die einseitige öffentliche Kritik habe das Unternehmen veranlasst, den Markt künftig den Straßentransporteuren zu überlassen, sagte DB-Cargo-Chef Bernd Malmström. „Die Bahn ist nicht bereit“, so Malmström, „bei diesem hoch emotionalen Thema den öffentlichen Prügelknaben abzugeben und verzichtet künftig auf diese Aufträge.“

Unterdessen bestätigte sich in einer ersten Untersuchung der Verdacht nicht, auf einem Hof in der Nähe der niedersächsischen Stadt Verden sei die Maul- und Klausenseuche ausgebrochen. Das endgültige Ergebnis wird am Montag erwartet. „Aber wir rechnen nicht damit, dass die Seuche ausgebrochen ist“, sagte der Sprecher des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums Detlev Küttler der taz. Die Schweine des Hofs seien wegen ungewöhnlich hohen Fiebers aufgefallen. Darauf habe man den Seuchenverdacht geäußert. Aber: „Es war von vornherein weit hergeholt.“

Die Agrarminister von Bund und Ländern einigten sich gestern in Cottbus auf einen Krisenplan zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche. Unter bestimmten Voraussetzungen soll es in der Bundesrepublik nun doch Schutzimpfungen geben. Wenn bei einem Seuchenfall davon ausgegangen werden müsse, dass sich die Krankheit rasant ausbreitet, sei eine so genannte Ringimpfung im Umkreis von zehn bis dreißig Kilometer vorgesehen, sagte Bundesagrarministerin Renate Künast (Grüne) zum Abschluss der Konferenz. Eine flächendeckende Impfung, wie sie der Deutsche Bauernverband und der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) gefordert hatten, lehnten die Agrarminister jedoch ab. Auch die Forderung der FDP nach einer Korridorimpfung entlang der Grenze zu Holland, um ein Übergreifen der Seuche zu verhindern, wurde nicht beschlossen.

Noch am Morgen hatte der Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium, Alexander Müller (Grüne), darauf hingewiesen, dass die Europäische Union vorbeugende Gebietsimpfungen nicht zulasse. Wenn geimpft werde, müsse die deutsche Landwirtschaft Handelsbeschränkungen hinnehmen, da ein Handelspartner nicht mehr erkennen könne, ob die Antikörper in den Tieren Folge einer Impfung oder einer ausgebrochenen Krankheit seien.

Die Niederlande haben die Europäische Union hingegen aufgefordert, flächendeckende Impfungen zuzulassen. Außerdem hat das Land gemeinsam mit Großbritannien die EU-Staaten um Hilfe gebeten. Der britische Premierminister Tony Blair und sein niederländischer Kollege Wim Kok baten zu Beginn des EU-Gipfels in Stockholm um Tierärzte und Veterinärexperten. Derweil bot die niederländische Armee ihrer Regierung Unterstützung an. 500 Soldaten könnten zur Bekämpfung der Seuche abgestellt werden, außerdem wolle man Kasernengelände für entseuchte Fahrzeuge bereitstellen.

In Großbritannien geht die Regierung davon aus, dass sich die Seuche schnell weiter ausbreitet. In einem gestern veröffentlichten Bericht rechnete sie damit, dass bis Juni landesweit 4.000 Betriebe von der Krankheit erfasst werden. Das sind etwa zehnmal so viele Höfe wie heute schon betroffen sind.