Der lange Arm des Schweden

■ Der THW Kiel besiegt im Hinspiel des Champions-League-Halbfinales Barcelona mit 28:24

Der rechte Arm von Staffan Olsson reckte sich dem Ball entgegen und unterbrach seine Flugbahn. So brachte der Tempogegenstoß des FC Barcelona nicht die Führung für den spanischen Serienmeister. Statt dessen konnte der Schwede in Diensten des THW Kiel selbst einen Konter laufen und souverän das 20:19 erzielen. Dieses Tor sollte den Spielverlauf entscheidend beeinflussen. Denn anstatt in Rückstand zu geraten, konnten die Zebras von der Förde selbst mit vier Toren in Folge davonziehen.

Bereits 43 Minuten waren zu diesem Augenblick gespielt im Hinspiel des Halbfinales der Champions League. Schon einmal, zu Ende der ersten Halbzeit hatten die Kieler vier Tore Vorsprung dahinschmelzen lassen. Barcelona machte in solchen Momenten das Spiel schnell und konnte innerhalb weniger Minuten den Vorteil der Norddeutschen wieder wettmachen. Dieses Mal jedoch ließ sich der THW nicht mehr vom spanischen Team beeindrucken.

Wenigstens in der letzten Viertelstunde spielten die Zebras konzentriert. Schnell legten Nenad Perunicic und Martin Schmidt nach, und neun Minuten vor Schluss hieß es 23:19. Ein Polster, das bis zum Abpfiff hielt. Mit 28:24 schlug der THW den Pokalverteidiger.

Ein überragendes Spiel war es bestimmt nicht, das die beiden angeblich besten Vereinsmannschaften der Welt den 7250 Zuschauern in der ausverkauften Ostseehalle boten. Valero Rivera, der Erfolgs-trainer der Spanier, begründete das nach Spielschluss mit der Müdigkeit der Spieler: „Das war der Tribut. den wir in dieser Saison der Weltmeisterschaft und den Olympischen Spielen zollen.“ Auch Kiels Manager Uwe Schewenker bemerkte zwar den qualitativen Abfall gegenüber den beiden letztjährigen Spielen der Teams, wollte dies abert nicht am Alter der Akteure festmachen. Doch merkte man den Spielern beider Teams an, dass für einige von ihnen bald die letzte Saison gekommen sein dürfte.

Aber ein Titel fehlt den Kielern, die doch in den letzten Jahren alles gewonnen haben, was es zu gewinnen gab, noch in ihrer Sammlung. So verzichtete beispielsweise Staffan Olsson, der ständig über Rü-ckenprobleme klagende Nationalspieler, in diesem Jahr sogar auf die WM, um sich für die Champions League zu schonen. Weltmeister ist er schließlich schon häufiger geworden. Und selbst Perunicic, der in der Bundesliga zuletzt eher gelangweilt wirkte, wurde von seinen Mitspielern darauf aufmerksam gemacht, dass er die Katalanen nicht ganz alleine besiegen musste. Die letzte Chance auf den begehrtesten Vereinspokal im Handball macht ihnen allen noch einmal Beine.

Im vergangenen Jahr reichte ein drei-Tore-Vorsprung aus dem Hinspiel nicht, um die Trophäe zu erlangen. Am kommenden Sonnabend wird es sich im Palau Blaugrana in Barcelona entscheiden, ob vier Treffer für den Einzug ins Finale genügen. Die Einstellung ist da. Jetzt müssen noch die Köpfe und die Körper der Kieler mitmachen. Eberhard Spohd