Landowsky, der Lügenbaron

Wie sich der CDU-Fraktionschef mit Lügen und Halbwahrheiten um jede Glaubwürdigkeit brachte: Keine Schieflage bei der Bankgesellschaft. Eine überraschende Aubis-Spende. Und ein freiwilliger Rücktritt. Landowskys Version hielt jeweils nur kurz

von RALPH BOLLMANN

Jetzt also doch: Für die fehlgeschlagenen Immobiliengeschäfte der Bankgesellschaft Berlin, die im Konzernvorstand CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky zu verantworten hatte, werden die Berliner Steuerzahler zur Kasse gebeten – womöglich mit Milliardenbeträgen. Das Land werde „alles Notwendige tun“, um der Bank aus der Patsche zu helfen, verkündeten der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen und SPD-Landeschef Peter Strieder nach einer Krisensitzung am Wochenende (siehe unten).

Merkwürdig: Vor fast zwei Monaten hatte das Berliner Abgeordnetenhaus schon einmal über die Schieflage bei der Bankgesellschaft debattiert. PDS und Grüne malten ziemlich genau das Szenario an die Wand, das jetzt tatsächlich eintritt – doch Landowsky, der über die Lage seiner Bank ja wohl im Bilde war, wehrte alle Vorwürfe ab, als handele es sich um hanebüchenen Unsinn.

Was auch immer Landowsky seit Beginn der Affäre sagte oder nicht sagte: Fast immer stellte sich schnell heraus, dass der Fraktionsvorsitzende bestenfalls die halbe Wahrheit preisgegeben hatte. Bemerkenswert kurze Beine hatten vor allem die Versionen, die Landowsky zum eigentlich Kern des Politskandals – der Spendenübergabe durch die Bauunternehmer Klaus Wienhold und Christian Neuling – zum Besten gab.

Der Nachhilfe Wienholds hatte es auch bedurft, bis sich Landowsky am vergangenen Donnerstag wieder der näheren Umstände jener Spendenübergabe entsann. Wochenlang hatte er auf der Version beharrt, die er erstmals auf einer Pressekonferenz am 14. Februar zum Besten gab: „Ich war überrascht, als Wienhold das Geld hervorzauberte.“ Es dauerte sechs Wochen, bis er sich in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel an ein telefonisches Vorgespräch erinnerte – und an ein vorausgegangenes Treffen mit den beiden Aubis-Managern, bei dem es um „Wahlkampfunterstützung“ gegangen sei. Ganz freiwillig war das Eingeständnis nicht: Über das ARD-Magazin Kontraste hatte Neuling das Erinnerungsvermögen des Fraktionsvorsitzenden auf Trab gebracht.

Über ein sehr kurzes Verfallsdatum verfügte auch Landowskys Behauptung, er habe freiwillig auf seine Vorstandsposten bei der Bankgesellschaft und deren Tochter Berlin Hyp verzichtet. Sein sofortiger Rückzug sei „der letzte große Dienst am Konzern und an der Bank“, rühmte Landowskys Sprecher Detlef Untermann am 7. März die heroische Tat. Noch am selben Tag ließ das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen wissen, man habe „die persönliche Zuverlässigkeit und die fachliche Eignung einiger Geschäftsleiter“ geprüft. Dabei sei man „auf bestimmte Verhaltensweisen“ von Landowsky gestoßen.

In einem Punkt zeigten Landowsky und die übrigen CDU-Funktionäre, durch deren Hand das Spendengeld floss, beim Lügen besonders wenig Eleganz: Sie konnten sich „nicht erinnern“, warum sie damals verschleiert haben, dass das Geld von Wienhold und Neuling stammte. Landowsky behauptete zwar, er habe den Zehlendorfer Kreisverband gebeten, einen Teilbetrag der Spende unter dem Namen Wienhold zu verbuchen. Doch bald stellte sich heraus, dass das Geld in den Büchern bis heute unter dem Namen Landowsky vermerkt ist.

Auch durch Verschweigen kann man lügen, und genau das tat Landowsky in der Parlamentssitzung vom 1. Februar. Wortlos lauscht Landowsky der Debatte über das umstrittene Aubis-Geschäft. Dass er von den beiden Unternehmern eine Spende erhalten hatte, behielt er lieber für sich. Auch Diepgen, der nach eigenen Angaben informiert war, sprach darüber nicht. Erst als eine Woche später Journalisten nachfragten, räumte Landowsky den Erhalt der Spende ein. Seine Chuzpe ging sogar so weit, dass er die Unwahrheit auch über Dinge sagte, die offen zutage lagen. Er habe die einschlägigen Bestimmungen „immer eingehalten“, sagte der Doppelfunktionär, kaum dass seine Rolle in die Kritik geraten war. Dumm nur, dass er seinen Job im Vorstand der landeseigenen Bankgesellschaft erst niederlegte, als das entsprechende Gesetz schon seit einigen Monaten in Kraft trat. Schlimmer noch: Wenig später kehrte er – ebenfalls nicht gesetzeskonform – in einen neu geschaffenen „Konzernvorstand“ zurück.

Und eine Woche bevor CDU-Gutachter Peter Heers grobe Regelverstöße im Umgang mit der Parteispende feststellte, hatte Landowsky noch behauptet, sein Verhalten sei „weder rechtswidrig noch strafbar“ gewesen. Übrigens: Ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue wurde nur deshalb eingestellt, weil die Tat bereits verjährt ist.

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