: Südspaniens Fischer sitzen auf dem Trocknen
Fischereiabkommen zwischen EU und Marokko ist geplatzt. Rund 350 Boote verlieren Fanggründe. Madrid setzt auf Ansiedlung von Industrie
MADRID taz ■ Viele Fischer in Spanien und Portugal befürchten das Ende ihrer beruflichen Existenz. Denn diese Woche scheiterten die Verhandlungen über eine Erneuerung des Fischereiabkommens der Europäischen Union mit Marokko. Nun ist eine Umstrukturierung des Sektors unumgänglich. 326 Fischereiboote in Spanien und 29 in Portugal haben endgültig die Fanggründe verloren, in denen sie bis zum Ablauf des alten Abkommens im Dezember 1999 ihrer Arbeit nachgingen. 5.000 Arbeiter auf den Booten, darunter 1.000 Marokkaner, sind direkt betroffen. Weitere 10.000 nahmen die Fänge bisher im Hafen entgegen und verarbeiteten sie weiter. Vielen Dörfern in den armen Regionen Andalusien und Galizien droht der Verlust der einzigen Einnahmequelle. Madrid sucht jetzt mit Brüssel nach einer Lösung.
Spaniens Fischereiminister Miguel Arias Canete will neue Fanggründe erschließen. Das versprach er auf einem ersten Treffen mit Vertretern der Reeder, der Gewerkschaften und der Verwaltungen der betroffenen Küstenregionen. Brüssel soll dazu mit dem Senegal, Mauretanien, Guinea-Bissau, Namibia und Mosambik in Verhandlungen treten. Allerdings bietet dies nur für 110 der 326 betroffenen spanischen Boote eine Lösung, der Rest ist zu klein und hat einen zu schwachen Motor, um weite Reisen auf sich zu nehmen. Es handelt sich meist um Fischer aus Andalusien und von den Kanarischen Inseln. Nur die großen Schiffe aus dem nordspanischen Galizien und dem Baskenland sowie aus Nordportugal erfüllen die technischen Voraussetzungen für lange Fahrten.
Auf den Großteil der restlichen Boote wartet die Verschrottung, da sie auch in nationalen Gewässern nicht unterkommen können. Zu viel Konkurrenz tummelt sich da bereits. Minister Arias Canete möchte mit Tunesien und Algerien über gemischte Unternehmen verhandeln. Für die betroffenen spanischen Arbeiter jedoch wäre dies keine Lösung. Sie könne nur auf neue Arbeitsplätze hoffen. Die Regierung will die Ansiedlung von Industrie fördern.
Spanien veranschlagt für die Umstrukturierung des Fischereisektors rund 500 Millionen Euro. Seit vor 16 Monaten das alte Fischereiabkommen mit Marokko auslief, hat Madrid 60 Millionen Euro an die betroffen Fischer bezahlt. Sie erhalten für den Verdienstausfall knapp 1.000 Euro monatlich. Diese Zuschüsse sollen mindestens bis Sommer verlängert werden. „Es ist mehr als gerecht, dass Spanien und Portugal mehr EU-Gelder erhalten“, signalisierte Fischereikommissar Franz Fischler bereits seine Hilfsbereitschaft.
Rabat bot mittlerweile eine erneute Aufnahme der Verhandlungen an. Doch der Fischereikommissar möchte davon nichts wissen, „solange Marokko kein neues Angebot vorlegt“. Rabatt will die Zahl der Lizenzen auf jeden Fall deutlich verringern. Der marokkanische Botschafter hat vorgeschlagen, statt bisher 440 europäische Boote nur noch 203 zuzulassen, dafür von Brüssel aber statt 125 nur noch 90 Millionen Euro zu verlangen. Auch dann würden nicht alle Fischer der Umstrukturierung entgehen. RAINER WANDLER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen