: Aber nicht hier
■ Hohenfelde: Demos für und gegen Drogenambulanz im Stadtteil
Sie alle sagen, selber würden sie niemals Heroin nehmen, wenn es ihnen auf der Straße angeboten würde. Andere Jugendliche aber könnten in Versuchung geraten. Und mit diesen anderen wird argumentiert. Von Eltern und Jugendlichen aus Hohenfelde, die gestern gegen die geplante Ambulanz zur kontrollierten Heroinabgabe auf die Straße gingen.
Deshalb fühlen sich die 17-jährige Scarlett und der gleichaltrige Benjamin vom St. Ansgar-Gymnasium instrumentalisiert. Hätte man sie jemals nach ihrer Meinung gefragt, hätten sie eine andere vertreten: Dass eine Drogenambulanz keine Gefahr bedeutet und Hohenfelde ein geeigneter Standort dafür ist. Doch man hat sie nicht gefragt.
„Der Elternrat der Schule“, sagt Benjamin, „hat sich im Namen der Schüler gegen die Ambulanz ausgesprochen, ohne mit ihnen zu sprechen.“ Jetzt melden sie sich selber zu Wort. Zu siebt halten Mädchen und Jungen des katholischen Gymnasiums während der Demo eine Gegenkundgebung ab.
Das auf der Demo verbreitete Szenario, mit dem Projekt kämen Dealer und würden wehrlose SchülerInnen anfixen, findet Scarlett „krank“. Zum einen basiere es allein auf Spekulationen, denn bisher gibt es eine solche Ambulanz noch nicht. Und zum anderen nehme „niemand Drogen, nur weil die auf der Straße liegen“. Schon gar nicht, wenn er vernünftig über Drogen aufgeklärt sei. Das sollte die Schule leisten, statt gegen das Suchthilfeprojekt zu polemisieren. „Viele Schüler fahren über den Hauptbahnhof und nehmen trotzdem kein Heroin“, ergänzt ein Mitschüler.
Auf den Straßen von Hohenfelde versteht man kaum sein eigenes Wort. Links die Alsterschwimmhalle, rechts vier Spuren Autos. Der Stadtteil scheint nicht zum Leben, sondern zum Durchfahren geschaffen zu sein. Dennoch gilt es für die DemonstrantInnen, ein Großstadtidyll zu verteidigen. Erst wenn die Drogenambulanz eröffnet wird, könne man „seine Kinder nicht mehr alleine auf die Straße lassen“, schimpft eine Frau, die was dagegen hat, dass „hier alles mit Drogen überflutet wird“. In Hohenfelde zumindest. Der meistverwandte Spruch auf den Transparenten: „Wir sind für die Drogenambulanz – aber nicht hier.“ Elke Spanner
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