Im Auge des Blizzards

Alba Berlin ersehnt nach dem 88:77 über Iraklis Saloniki das Finalturnier der Suproleague. Das Problem: Die Basketballer müssen neben den Griechen auch die eigene Auswärtsschwäche besiegen

aus Berlin MARKUS VÖLKER

Teoman Öztürk hatte eine böse Ahnung. „In Saloniki wird die Halle bestimmt ausverkauft sein“, sagte er. Beim ersten Spiel am Dienstag blieben noch ein paar Plätze in der Ivanofio-Arena frei. Alba verlor trotzdem. Am Donnerstag glichen die Berliner zu Hause aus. Sie gewannen 88:77. Ausverkauft heißt auf griechisch: Im „Bauch des Feuerschluckers“ (Berliner Zeitung) um Luft ringen; von fanatischen Fans bedrängt werden; im sensorischen Blizzard den Tunnelblick behalten müssen; dem fonetischen Terror mit Besonnenheit begegnen.

Den Kopf kühl zu halten, fällt Alba auswärts schwer. In Saloniki verspielten sie in der Crunch Time den Sieg. Noch nie gelang ihnen in den Play-offs der Europaliga ein Sieg beim Gegner. Am kommenden Donnerstag soll die Serie durchbrochen werden. Das Turnier der besten vier europäischen Teams findet Mitte Mai im Palais Omnisport in Paris statt. Alba will dort hin. Panathinaikos Athen wartet.

Öztürk sagte: „Ich bin mal gespannt, wie die Stimmung in Saloniki wird.“ Der Centerspieler schien sich auf das dritte und entscheidende Treffen in Griechenland zu freuen. Zu fürchten hat Alba die Fans von Iraklis. Aber auch die Spieler? „Es war noch nie so leicht, ins Final Four zu kommen, wie diesmal“, sagte Jörg Lütcke. „Der Gegner ist schon schwer zu spielen, aber individuell nicht nur mit Ausnahmekönnern besetzt.“

In der ersten Halbzeit spielte Iraklis antiken Basketball. Center Sascha Hupmann beeindruckte durch Freiwürfe, die der Schule des Wurfästheten Shaquile O’Neal entstammten. Hupmann schien Kürbisse am Brett zerschmettern zu wollen, derart geradlinig pfefferte er die Kugel ans Plexiglas. „Hupi, weiter so“, riefen die Zuschauer dem ehemaligen Alba-Spieler zu. „Das Spiel hat anfangs sehr gelitten“, sagte Hupmann. Die Wurfquote der Griechen lag nach 20 Minuten beim sagenhaften Wert von 21 Prozent. Trotzdem führte Alba nur 37:26. An einem miesen Start lag’s. Erst nach knapp fünf Minuten traf Wendell Alexis. Zu diesem Zeitpunkt sahen die 5.123 Zuschauer in der Max-Schmeling-Halle zehn Fouls, aber nur acht Punkte – der Griechen.

Es wurde gezerrt, geschubst und gehalten. „Wir wollten einen Kampf liefern“, sagte Dendrinos Makis, Coach von Iraklis, und es gelang eindrucksvoll. Trainer Emir Mutapcic wollte noch mehr Fouls. Im letzten Viertel hätten sich seine Jungs zu zahm verhalten, beklagte er. Es ging wieder um Albas zahnlose Auftritte in der Crunch Time, in der der Gegner bissig verknuspert werden muss und nicht die Einladung zum freien Wurf bekommen darf.

„Ich bin enttäuscht, wenn es in der entscheidenden Phase nicht läuft“, sagte Mutapcic und schlussfolgerte: „We must play better individuell.“ Eine Frage der Kraft sei „das Loch“ (Öztürk) kurz vor Schluss jedenfalls nicht. „Habt keine Angst vor dem Foul“, impfte Mutapcic die Spieler, die Immunisierung schlug nicht immer an. „Ich hoffe, wir haben das nun gelernt.“ Eng wurde es dann nicht mehr. Die Griechen verließen der Reihe nach mit fünf Fouls das Spielfeld. Alba wurde gefeiert.

Heute spielen die Berliner in Frankfurt wieder Bundesliga. Sie könnten den eigenen Startrekord (24 Siege in Serie) von 1997 brechen. Nebensächlich sei das, hieß es. Stimmt aber nicht so ganz. Denn, so meinte Mutapcic, „wir brauchen jetzt Erholung, und die beste Erholung ist ein Sieg“. Damit lässt es sich besser in die irre Ivanofio-Halle reisen.