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Völlige Windstille in Saarbrücken

■ „Was wir gezeigt haben, war einfach grauenhaft“: Der FC St. Pauli verliert im Saarland mit 0:1 und zeigt die wahrscheinlich schlechteste Leistung der Saison

Vom Angriff des FC St. Pauli zeigte man sich beim Gegner schwer beeindruckt: „Der FCS konnte gegen die starken Sturmböen, die von der Reeperbahn her sowohl in Form von Wind als auch als Angriffswellen der St. Paulianer wehten, nichts entgegensetzen.“ Die windschiefe Diktion in der Saarbrücker Stadionzeitung bezog sich allerdings auf das 2:2 vom Hinspiel.

Am Freitag abend hätte man eher von kompletter Windstille sprechen können, wie Dietmar Demuth nach dem Spiel einräumte: „Was wir in der ersten Hälfte geboten haben, hatte mit Fußball nichts zu tun.“ Das war eher noch untertrieben. Von einem geordneten Spielaufbau war nichts zu erkennen, weil Thomas Meggle und Markus Lotter einen mitleiderregend schwachen Tag erwischt hatten. So wurde der Ball, wenn ihn die Kiezianer überhaupt mal zu fassen bekamen, planlos nach vorne geschlagen. Und dort wusste sich Marcel Rath nicht anders zu helfen, als sich nach jedem Zweikampf fallen zu lassen.

Da Schiedsrichter Keßler das oft mit einem Freistoß belohnte, sah man gleich viermal Kurioses. Lotter, nach seinem Geniestreich vom Nürnberg-Spiel als Freistoßschütze gesetzt, leitete durch seine fruchtlosen Versuche, den Ball über die Mauer zu hieven, immerhin drei mal gefährliche Konter der Heimmannschaft ein.

Aufgrund des faktischen Ausfalls der gesamten Mannschaft – einzig Keeper Heinz Weber zeigte eine starke Leistung – hätten die Saarländer eigentlich bereits zur Halbzeit mit 3:0 führen müssen. Doch es dauerte bis kurz vor dem Halbzeitpfiff, ehe die Überlegenheit der Heimmannschaft Erfolge zeitigte: Karsten Hutwelker, einer von vielen ausgemusterten Bundesliga-Spielern im Team von Thomas von Heesen, zimmerte den Ball aus 17 Metern in den Winkel.

Da St. Pauli erst nach sechzig Minuten erste Lebenszeichen abgab, blieb es letzlich bei der verdienten Niederlage. Die größte Chance der St. Paulianer vergab Fabian Gerber, der den Ball aus kürzester Distanz freistehend übers Tor bugsierte: „Das ist, wie wenn Du einen Elfer aus zwei Metern übers Tor schiesst. Und das ohne Torwart“, witzelte nach dem Spiel einer der etwa 15 Hamburger St. Pauli-Fans, die sich auf Einladung von Saarbrücker Sympathisanten in einem autonomen Jugendzentrum den Frust von der Seele tranken.

Gar nicht nach feiern war hingegen Henning Bürger zumute. Doch dafür lieferte er in wenigen Worten die treffendste Analyse des Tages : „Was wir gezeigt haben, war einfach grauenhaft.“ Christoph Ruf

Saarbrücken: Eich, Stratos (ab 46. Tieku), Echendu, Winkelhofer, Hutwelker, Muschinka (ab 84. Beerens), Susic, Bender, Plassnegger, Choji, Krieg (ab 61. Bartolovic)

St. Pauli: Weber, Stanislawski, Ahlf (ab 46. Klasnic), Basic, Lotter (ab 76. Baris), Trulsen (ab 76. Bajramovic), Kolinger, Bürger, Meggle, Gerber, Rath

Sr.: Keßler – Z.: 10.000

Tor: 1:0 Hutwelker (45.)

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