Wirksamer als Freibetrag

■ Regenbogen und GEW fordern kostenfreie Kinderbetreuung. SPD-Fraktion lehnt solche Ideen allerdings ab

Viel böses Blut hat es in dieser Legislaturperiode um die Frage der Elternbeiträge in Kindertagesstätten gegeben. Betroffene Eltern, die bis zu 775 Mark für ein Kind im Monat zahlen, empfinden die Belastung als zu hoch. Der Verein „Familien Power“ spricht gar von einer „Strafsteuer“ für Familien und fordert die Halbierung der Beträge. Der Regenbogen geht noch einen Schritt weiter und will die Gebühren sogar ganz abschaffen. „Es ist nicht einzusehen, dass Schulen und Vorschulen nichts kosten, Kindergärten aber schon“, sagt Bürgerschafts-Abgeordnete Heike Sudmann. Denn Bildung fange schließlich schon im Kleinkindalter an.

Die anderen Parteien lehnen solche Ideen ab. Man setze auf „andere Prioritäten als Kostenfreiheit“, sagt denn auch der SPD-Jugendpolitiker Thomas Böwer. Der Kita-Bereich stehe doch vor ganz anderen Problemen: So hatte eine Studie, die im Herbst veröffentlicht worden war, einen Mangel von 17.000 Plätzen errechnet. Die SPD wolle daher „massiv“ Plätze ausbauen, damit Berufstätige sich in Zukunft über die Frage des Kita-Platzes „keine Gedanken machen“ müssten.

Wohl aber darüber, wie sie ihn bezahlen. „Wir wollen alles: Platzausbau, Qualitätsverbesserung und Kostenfreiheit“, setzt Sudmann dagegen. Wolle man dies finanzieren, bräuchte Hamburg knapp 300 Millionen Mark. Sudmann: „Das ist nicht wenig, aber ein Platzausbau brächte auch Arbeitsplätze“ – und aus ihrer Sicht nicht viel weniger als die vom Senat mit 1,3 Milliarden Mark subventionierten Airbus-Arbeitsplätze.

Schützenhilfe erhält Sudmann von der GEW. „Das Schulgeld wurde vor 120 Jahren abgeschafft, es wird Zeit, dass die Kita-Gebühren folgen“, sagt GEW-Fachreferent Jens Kastner. Dies würde eine große Entbürokratisierung bringen und Familien „wirksamer entlasten als Freibetrag und Kindergeld“. Denn jede Kindergelderhöhung führe wieder zu höheren Kita-Gebühren und werde den Familien hinten herum wieder weggenommen.

Schaut man ins europäische Ausland, so ist Kostenfreiheit keineswegs utopisch. In Frankreich und Dänemark ist Kinderbetreuung gratis. Die Union hat den Ländern darüberhinaus bereits 1996 auferlegt, bis 2006 dafür zu sorgen, dass die staatlichen Ausgaben für Kinderbetreuung „nicht weniger als ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen“. Um dies zu erreichen, müsste Deutschland seine Ausgaben von derzeit 20 auf 37 Milliarden Mark steigern. Zum Vergleich: die Kita-Gebühren machen 6,5 Milliarden Mark aus.

Doch der Bund ist gar nicht zuständig, Kitas sind Ländersache. Anfang des Jahres bekannt gewordene Pläne, wonach die Familienmisnisterin Christine Bergmann den Ländern finanziell unter die Arme greifen wolle, werden vom Ministerium dementiert. Ernsthaft in Diskussion ist laut Finanzminis-terium dagegen der Vorschlag, ab 2002 Kita-Kosten für steuerlich absetzbar zu erklären. Schwacher Trost für Hamburgs Eltern: wer viel zahlt, kann viel absetzen.

Kaija Kutter