Verhaftung zahlt sich aus

EU kündigt Millionenhilfe für Belgrad an, besteht aber weiter auf Auslieferung von Milošević nach Den Haag. Jugoslawiens Präsident plädiert für Prozess in Serbien

BELGRAD/BRÜSSEL rtr/dpa ■ Zwei Tage nach der Festnahme des jugoslawischen Expräsidenten Slobodan Milošević hat die EU-Kommission eine neue Millionenhilfe für den Wiederaufbau des Landes angekündigt. Eine erste Tranche von 150 Millionen Euro (knapp 294 Millionen Mark) sei bereits bewilligt, sagte ein Kommissionssprecher gestern. Er bekräftigte zugleich den Wunsch der EU nach einer Überstellung Milošević’ an das UN-Kriegsverbrechertribunal: „Wir bestehen weiter auf volle Zusammenarbeit mit Den Haag.“

Milošević droht in Serbien möglicherweise die Todesstrafe. Serbiens Innenminister Dusan Mihajlović sagte gestern in Wien, es gebe Hinweise, dass Milošević in Verbrechen verwickelt sei, auf die in seiner Heimat die Todesstrafe stehe. Doch fehlten noch die Beweise. Mihajlović sagte nicht, ob es sich um Kriegsverbrechen handelt. Er nannte es einen Scherz, dass er Montag gesagt hatte, möglicherweise werde Milošević sich freiwillig dem Kriegsverbrechertribunal stellen. Mihajlović hatte im österreichischen Rundfunk ORF gesagt, im internationalen Recht gebe es keine Todesstrafe.

Nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen soll Milošević in Jugoslawien wegen Amtsmissbrauchs, Wirtschaftskriminalität und Anstiftung zur Gewalt der Prozess gemacht werden. Er äußerte sich am Montag schriftlich zu den Vorwürfen. Er habe niemals Geld der Regierung veruntreut, um sich zu bereichern oder politische Verbrechen zu finanzieren. Gestern lehnte ein Belgrader Gericht eine Haftbeschwerde von Milošević ab.

Mit Unterstützung der USA fordert das UNO-Tribunal in Den Haag weiter die Auslieferung Milošević’. Dort steht er wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Kosovokrieg 1999 unter Anklage. Die Chefanklägerin des Tribunals, Carla del Ponte, teilte mit, dass ein weiterer Haftbefehl gegen Milošević wegen Verbrechen im Bosnienkrieg vorbereitet werde.

Jugoslawiens Präsident Vojislaw Koštunica sagte der New York Times, Milošević sollte auch für Kriegsverbrechen zur Verantwortung gezogen werden. Das müsse in Serbien geschehen. Eine Überstellung nach Den Haag sei derzeit kein Thema.

Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) verwies nach einem Treffen mit seinem bosnischen Kollegen Zlatko Lagumdzija in Berlin auf den Beschluss des UNO-Sicherheitsrates, wonach alle in Den Haag Verdächtigten und Beschuldigten dort vor Gericht gestellt werden müssen. Dies gelte für alle Nachfolgerepubliken Exjugoslawiens.