Streit um Stiftungsgesetz

Lambsdorff erteilt beschleunigter Auszahlung an Zwangsarbeitern Absage. Streit im Stiftungskuratorium über Abkopplung der Zwangsarbeiter- von Bankenfrage

BERLIN taz ■ Der Kanzlerbeauftragte für die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter, Otto Graf Lambsdorff, sieht keine Möglichkeit, die Auszahlung zu beschleunigen. Weder könne schon jetzt Rechtssicherheit erklärt werden, noch könne ohne Rechtsfrieden bereits Geld fließen, sagte Lambsdorff gestern in einer vorgezogenen Kuratoriumssitzung der Entschädigungsstiftung. Opfervertreter hatten die Sitzung erwirkt, um über eine beschleunigte Auszahlung zu beraten.

Der Beginn der Entschädigung ist weiter ungewiss: Ein New Yorker Berufungsgericht gab den Beteiligten gestern bis zum 1. Mai Zeit, ihre Position zu überdenken, sagte Kuratoriumsvorstand Dieter Kastrup gestern in Berlin. Kram weigert sich, die Sammelklage gegen deutsche Banken abzuweisen. Sowohl Klägeranwälte als auch beklagte Banken hatten Berufung eingelegt, um die Klagen abzuweisen.

Kram verweist auf ungeklärte Ansprüche aus dem österreichischen Bankenvergleich. Dabei hatte sie selbst den Vergleich auf den Weg gebracht: Im Herbst 1999 hatte sich die beklagte Bank Austria verpflichtet, 45 Millionen Dollar zu zahlen. Zudem trat sie alle Ansprüche gegenüber deutschen Banken an die Opfer ab. Deutsche Bank, Dresdner Bank und Viag hatten „Arisierungen“ und den Handel mit Nazigold über österreichische Geldhäuser abgewickelt. Die deutschen Banken, die weitere Klagen fürchten, erkennen die erwähnten Ansprüche nicht an.

Auf der Kuratoriumssitzung gab es gestern Streit über das weitere Vorgehen. Vier der Opfervertreter weigerten sich, eine gemeinsame Erklärung zu unterzeichen, weil sie ihnen nicht weit genug ging. Das Kuratorium wandte sich darin an die US-Gerichte, die die Notlage der Zwangsarbeiter „gebührend berücksichtigen“ sollten. Lothar Evers vom Bundesverband der NS-Verfolgten sowie osteuropäische Vertreter wollten dagegen den Bundestag auffordern, das Stiftungsgesetz zu ändern. Der Bundestag müsse die Auszahlung vor der Sommerpause sicherstellen, so Evers zur taz. In der Erklärung ist nur unverbindlich von der „Hoffnung und Erwartung“ die Rede. Die von Evers geforderte Entkopplung von Bankenfrage und Zwangsarbeiterentschädigung lehnte Kuratoriumschef Kastrup ab. NM