Künast watscht Höhn

Zwei Agrarministerinnen streiten: Künast (Bund) wirft Höhn (NRW) Panikmache beim Umgang mit MKS vor. Höhn weist Schuld von sich

BERLIN taz Die Pressekonferenz der Verbraucherministerin war eine halbe Stunde vor dem eigentlichen Termin angesetzt worden, und einige Journalisten rechneten schon damit, der erste Fall von Maul- und Klauenseuche (MKS) werde nun bestätigt.

Doch die Worte der grünen Ministerin Renate Künast gestern Mittag zielten weniger auf die Seuche als vielmehr auf ihre Parteikollegin Bärbel Höhn. Ohne den Namen der grünen Landwirtschaftsministerin in Nordrhein-Westfalen zu nennen, kritisierte Künast scharf das dortige Vorgehen gegen die Seuche. „Es darf nicht sein, dass über die Debatte ums Impfen die klassischen Maßnahmen vernachlässigt werden.“ Sie warf dem Bundesland gleich vier Mängel im Umgang mit Verdachtsfällen vor: Erstens seien die betroffenen Höfe nicht entschieden genug abgeriegelt worden. Zweitens würden die Proben von den Tieren nicht schnell genug zur Untersuchung ins Referenzlabor nach Tübingen geschafft und damit kostbare Stunden verschenkt; „Es gibt auch Hubschrauber!“, schimpfte die Ministerin. Drittens würden bislang meist nur Blutproben zur Analyse gebracht, obwohl auch Proben von Rüssel und Klauen nötig seien. Schließlich würden die Bauern nicht schnell genug über das Testergebnis informiert. Ganz offensichtlich ärgerte sich Künast über die jüngsten Vorstöße von Höhn für eine vorbeugende Impfung. Höhn wies den Vorwurf der Panikmache am Nachmittag zurück: „Ich habe mich sehr zurückgehalten“, sagte sie. Künast selbst habe es als ein Wunder bezeichnet, dass die Seuche noch nicht auf Deutschland übergegriffen habe. Für die Mängel bei der Absperrung des unter MKS-Verdacht stehenden Hofs in Horstmar machte Höhn den Kreis Steinfurt verantwortlich.

Künast selbst will weiter an dem Prinzip von regionalen Notimpfungen nach einem Seuchenausbruch festhalten, nicht aber prophylaktisch impfen. Denn weil sich geimpfte Tiere nicht von infizierten unterscheiden, würde das „eine große Decke über das Virus legen“. Seine Ausbreitung wäre schwerer zu bekämpfen. Doch Höhn, die vor der Übernahme des neuen Verbraucherschutzministeriums durch Künast ebenfalls für dieses Amt ins Gespräch gebracht worden war, bekräftige gestern ihre Kritik: „Jeder Tag, an dem wir nicht impfen, ist ein verlorener Tag.“ MATTHIAS URBACH