„Rücken gerade“ ist fast verboten

■ Neue Kindertheatergruppe Bühne Bumm zeigt „Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“ als Bewegungstheater im Monsun

„Mein Name ist Haaaase, und ich liebe die Frauuuuun ...“, so singt der dandyhafte Hase voller Schmelz. Und um seine Worte noch glaubhafter zu machen, schnappt er sich den Maulwurf für ein paar Tangoschritte. Dem aber ist nach Tanzen gar nicht zu Mute, denn er kämpft mit einem stinkenden Haufen auf seinem Haupt. Wir befinden uns mitten in dem Bewegungstheaterstück: Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat. Die „Bühne Bumm“, eine neue Hamburger Kindertheatergruppe, präsentiert ihre Produktion nach dem erfolgreichen Kinderbuch heute erstmals im Monsuntheater. Judith Mauch steckt im Fell der Titelfigur. Katrin Sagener präsentiert Hase, Brieftaube und anderes Getier höchst abwechslungsreich. Darin steckt eins der Zentralthemen für die bühnenerfahrenen Twens und ihren Regisseur Kevin Young. „Wir wollen die Kinder animieren, ihren Körper in unterschiedlichsten Haltungen und Bewegungen zu erfahren“, erklärt Tänzerin Katrin Sagener, die auch als Bewegungstherapeutin arbeitet. „Schon kleine Kinder sind körperlich von Verboten geprägt: halt dich grade, Bauch rein etc. Die eindimensionale Zuordnung von gesunder oder schicklicher Haltung behindert die Entwicklung.“

Pendant zur körperlichen Anregung sind Kostüme und Bühnenbild. Hier wie da müssen die Zuschauer ihre Phantasie bemühen, denn ihnen werden keine unmittelbar eindeutigen Bilder vorgesetzt. Die abstrakte Pappkulisse orientiert sich stilistisch an den Buchillustrationen von Wolf Erlbruch. Katrin Sagener vollzieht den äußerlichen Wechsel zwischen ihren Tierrollen auf offener Bühne durch Detailveränderungen ihrer variab-len Bekleidung.

Anderes Zentralthema ist der Kanon der tierischen Ausscheidungen: weißer Schiss, winzige Köttel, fette Fladen. Auch damit zielt die Gruppe auf einen Umgang mit dem eigenen Körper jenseits von Tabus: „Die Beschäftigung des Kindes mit seinem eigenen Exkrement signalisiert einen Schritt hin zur Identität mit sich und seinem Körper. Ausgerechnet dieser Bereich wird aber durch Eltern und Gesellschaft ausgegrenzt.“ Der Fäkalfaktor soll zu größerem Selbstbewusstsein führen. Mehr Text als im Buch gibt es dabei nicht, außer den wunderbaren Liedern von Catharina Caspar. Gewünschte Erkenntnis im fesselnden, spaßigen 50-Minuten-Spiel laut Kevin Young: „Du kannst immer zurückscheißen, auch wenn du klein bist!“

Oliver Törner

Heute und morgen 15.30 Uhr sowie 11.4., 16 Uhr. Tel. 3903148