Brillant ins Tor gelöffelt

Hertha verspielte beim 1:3 in Bremen jegliche Titelhoffnung. Die Niederlage fiel noch glimpflich aus, denn Bremens Spielmacher Herzog tanzte durch die Berliner Abwehr. Sein Trainer ist dennoch sauer

aus Bremen JOCHEN GRABLER

Draußen war Party: Die Bremer Spieler galoppierten jubelnd in Richtung Fankurve, der grün-weiße Anhang war lautstark in Feierlaune, die Werder-Welt war schwer in Ordnung. Nach dem historischen Sieg bei den Bayern hatten die Grün-Weißen nun Hertha BSC aus allen Titelträumen gerissen.

3:1 gegen Berlin, Platz sieben, die Hoffnung auf das internationale Geschäft hat neue Nahrung erhalten. Was so gar nicht passen wollte zur Stimmung drinnen in den Katakomben des Weserstadions. Da war Stunk. So schlecht gelaunt hatte man einen Sieger selten gesehen: „Schreibt halt meinetwegen, dass ich angefressen bin“, knurrte Werder-Trainer Thomas Schaaf die Journalistenrunde an. „Jeden Tag muss ich auf solche Fragen antworten. Dazu gibt’s keinen Kommentar mehr.“ Dabei hatte der Kollege doch nur ganz harmlos mal nachgefragt, ob man Bremens Spielmacher Andreas Herzog nach so einer Leistung heiteren Herzens ziehen lassen könne. Schaaf: „Es stinkt mir!“ Und Ende der Durchsage.

Doch nach diesem sonnigen Nachmittag hätte man reichlich über Herzog sprechen können, und zwar in den höchsten Tönen. Der – mal mehr, mal weniger – wanderungswillige Österreicher hatte eine grandiose Partie gespielt, hatte geflankt wie zu allerbesten Zeiten, hatte das Bremer Spiel immer wieder klug verlagert, gebremst, beschleunigt, wie's gerade gefordert war, hatte aus einem Wald von Berliner Beinen heraus noch in allergrößter Bedrängnis klügste Pässe geschlagen.

Dieser Herzog ist für Werder wohl tatsächlich unverzichtbar – und war im Duell der Spielmacher klarer Sieger gegen Jungstar Sebastian Deissler auf Berliner Seite. Der mühte sich zwar redlich, erarbeitete sich auch die eine oder andere Chance, aber mehr als Fleißkärtchen und einen Freistoß an den Pfosten konnte Deissler nicht für sich verbuchen. Die spielentscheidenden Impulse gingen von Herzog aus.

Gleich in der 8. Minute zum Beipiel, als Herzog beim Eckball ganz selbstlos den besser postierten Banovic mit einem kurzen Zuspiel bediente. Der flankte butterweich in den Strafraum, wo Pizarro Berlins Nationalspieler Marco Rehmer wie einen Anfänger stehen ließ und zum 1:0 einköpfte.

Wie in der 65. Minute, als Herzog mit seinem x-ten Zuckerpass zum x-ten Mal Ailton auf die Reise in Richtung Hertha-Tor schickte, der zum x-ten Mal am glänzenden Berliner Keeper Gabor Kiraly scheiterte, dafür aber wiederum Pizarro den Abpraller technisch brillant über den verzweifelt sich reckenden Sverisson zur erneuten Werder-Führung ins Tor löffelte.

Es war das Spiel des Werder-Spielmachers und seiner Vorderleute. Die Hertha hätte sich nicht beschweren dürfen, hätte sie bereits in der ersten Halbzeit vier Tore kassiert. So häufig tauchte allein Ailton immer wieder frei vor Kiraly auf, dazu auch mal Pizarro, Stalteri oder Frings. Allein: Sie trafen nicht.

Hertha-Coach Jürgen Röber hatte ganz auf Offensive gesetzt und seine beiden Defensivkräfte van Burik und Sverisson ohne Absicherung gegen Pizarro und Ailton spielen lassen. Und sie damit von einer Verlegenheit in die andere gestürzt. Denn in den Griff bekamen sie die Bremer Offensive nie. Die Berliner Niederlage geht zu einem Gutteil auf Röbers Kappe.

Die Hertha konnte nämlich aus ihrem Übergewicht im Mittelfeld nie zählbares Kapital schlagen. Dazu stand die Bremer Defensive mit dem überragenden Krstajic und den zuverlässigen Baumann und Eilts wiederum viel zu sicher. Und auf den Flügeln war gegen Frings und Stalteri kaum ein Durchkommen. Nur Bremens Routinier Verlaat patzte ab und an. Und so war es auch kein Wunder, dass der Berliner Ausgleichstreffer durch Schmidt genau nach so einer Fehlleistung des Holländers gelang. Die spielerische Überlegenheit und damit auch die meisten herausgespielten Chancen hatten aber die Bremer – vor allem dank Andreas Herzog.