Sklavenschiff vor Westafrikas Küste

Ein Frachter mit vermutlichen Kindersklaven irrt seit zwei Wochen umher. Unicef bereitet Auffanglager in Benin vor

COTONOU/BERLIN dpa/afp/taz ■ Wie ein Geisterschiff irrt der Frachter „Etireno“ vor der westafrikanischen Küste umher. Seine Ladung: bis zu 250 Kinder aus Benin und Togo. Eigentlich sollten sie längst als Arbeitssklaven verkauft sein. Doch die Hafenbehörden in Gabun und Kamerun hatten der „Etireno“ die Einfahrt verwehrt. Gestern wurde das Schiff im Golf von Guinea nahe der Küste Kameruns erstmals seit vergangenen Donnerstag gesichtet. Der Frachter ist seit zwei Wochen unterwegs.

Laut einem Bericht des britischen Rundfunksenders BBC wurden internationale Haftbefehle gegen den Käpitän der „Etireno“ und seine Crew sowie gegen den beninischen Staatsbürger Stanislas Abaton ausgestellt, der den Frachter gechartert hatte. Der Geschäftsmann soll sich in Gabun aufhalten.

„Niemand weiß, ob die Kinder noch am Leben sind“, sagte am Montag eine Unicef-Sprecherin in der beninischen Wirtschaftsmetropole Cotonou. Dort hat das Kinderhilfswerk ein Zentrum eröffnet, um die Verschleppten nach ihrer möglichen Rückkehr aufzufangen. Unicef und andere Organisationen blicken besorgt auf den Handel mit Kindern in Westafrika. Obwohl dieses Geschäft in Benin wie den meisten anderen Ländern offiziell verboten ist, gilt es als florierender Wirtschaftszweig.

In armen Ländern wie Benin, Mali oder Togo verkaufen Eltern ihre Kinder laut Berichten der Organisationen bereits für 15 US-Dollar an Menschenhändler. Oft handeln sie in dem Glauben, ihr Kind könne sich als Plantagenarbeiter in den reicheren Nachbarländern das Geld für eine Schulausbildung verdienen und eines Tages zurückkehren. „Die wenigsten ahnen, dass sie ihre Kinder nie mehr wiedersehen und dass diese niemals auch nur einen einzigen Lohn bekommen werden“, sagt ein Menschenrechtler in Cotonou. Manche „Agenten“, so weiß er, machten sich noch nicht einmal die Mühe, die Eltern zu überreden, sondern kidnappten spielende Kinder gleich von der Straße weg. Viele Mädchen werden auch zur Arbeit in reicheren Haushalten gezwungen.

Als die wichtigsten Kinder-Importländer der Region gelten die Elfenbeinküste, Gabun und Nigeria. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Kinder bis nach Europa verschleppt wurden, wo sie in die Prostitution gezwungen werden. Doch Ziel der meisten Menschenladungen sind laut Erkenntnissen internationaler Hilfsorganisationen die Kakao- und Kaffeeplantagen der Elfenbeinküste. „Die Kinder werden auf den Farmen gefangen gehalten. Sie werden geschlagen und häufig sexuell missbraucht. Kaum eines wagt einen Fluchtversuch, und wenn, dann endet es irgendwo als Bettler oder Prostituierte“, sagt eine Menschenrechtlerin in Mali.