Ich packe zu oft meine Koffer

■ Zum Start von Mathieu Kassovitz' Die purpurnen Flüsse: Ein Interview mit Jean Reno

Jean Reno ist national und international der erfolg-reichste französische Schauspieler der letzten 13 Jahre. Allein in Frankreich sahen seine letzten 13 Filme über 57 Millionen Zuschauer. Geboren wurde er 1948 in Casablanca als Don Juan Moreno Errere y Rimenes, Sohn andalusischer Eltern. Sie hatten Francos wegen Spanien verlassen und zogen 1960 weiter nach Frankreich. Jean Reno spielte zunächst Theater. Es ist Luc Besson, der ihn entdeckte und seine Karriere ermöglichte – mit Filmen wie Im Rausch der Tiefe – The Big Blue (1988) und Leon – Der Profi (1994). Hollywoodfilme wie Mission: Impossible von Brian de Palma, Godzilla und Ronin folgten. Die purpurnen Flüsse, der jetzt in Deutschland anläuft, war wochenlang die Nr. 1 in Frankreich, Italien und Japan.

taz hamburg: Sie haben eine Karriere in Hollywood und spielen in überaus erfolgreichen französischen Filmen mit ...

Jean Reno: Das bedeutet viel reisen. Viele Koffer.

Macht Ihnen das noch Spaß ?

Immer weniger. Gestern war ich in der Provence und dann musste ich wieder los. Vorige Woche war ich in Mexiko und habe dort eine Reklame für die Japaner gedreht. Heute bin ich in Hamburg. Und bald drehe ich wieder. Luc Besson ist der Produzent, und er hat auch das Drehbuch geschrieben. Der Film heißt Wasabi, das ist japanischer Senf. Wir drehen in Frankreich und Japan.

Können Sie nicht einfach einmal aufhören zu arbeiten?

Nach Rollerball von John McTiernan habe ich im letzten Dezember eine kurze Pause eingelegt. Jetzt geht es aber wieder los. Alle bitten mich, schnell noch vor dem Film mit Luc Besson einen Film zu drehen. Ich habe erst einmal abgelehnt. Mein Ziel ist es, nur noch ein bis zwei Filme im Jahr zu drehen.

Wie war die Zusammenarbeit mit Matthieu Kassovitz, dem Regisseur von Hass, für Die purpurnen Flüsse?

Er hat das richtige Auge, ein wenig so wie Besson. Aber Matthieu ist auch ein Schauspieler, ein guter sogar. Das macht die Arbeit mit ihm relativ leicht. Er sieht sofort, wenn eine Szene nicht funktioniert, wenn die Dialoge nicht stimmen. Er schreibt abends viel um, für den nächsten Morgen. Es ist einfach mit ihm, wenn er sieht, dass du seinen Film drehst, nicht deinen eigenen. Manchmal kann er cholerisch werden, richtig kapriziös sein. Aber das macht nichts. Er hat viel Talent. Immerhin war dies ein Auftragswerk. Dafür ist es ganz gut geworden.

Bekommen Sie auch Angebote für Filme die mehr in Richtung Independent oder Arthouse gehen?

Ja schon. Vor allem auch aus den USA. Das richtige war allerdings noch nicht dabei. Vor einiger Zeit sprach ich auch einmal mit Pedro Almodóvar darüber, als ich in Paris den Europäischen Filmpreis erhielt.

Sie haben die Anerkennung als Schauspieler durch das Publikum in Frankreich. Wie wichtig ist es Ihnen, von der eigenen Branche anerkannt zu werden. Bei den Césars, den französischen Oscars, wurde ihre Arbeit bisher ignoriert.

Seit The Big Blue – Im Rausch der Tiefe sind Besson, sein Komponist Eric Serra und ich auch schon gelegentlich für die Césars nominiert gewesen. Aber weil wir Erfolg beim Publikum haben, schließt man uns a priori aus. Wenn du merkst, dass dich dein Berufsstand nicht will, was denkst du dann? Es hat mich betrübt, weil ich nicht weiß, was ich getan habe. Natürlich habe ich Erfolg. Aber darum geht es doch. Immer wieder bitten mich die Veranstalter, bei den Césars einen Preis zu übergeben, aber ich sage ihnen jedes Jahr: Lasst mich in Ruhe.

Haben Sie Freunde im Metier?

Außer Besson und Serra? Es ist schwer Freundschaften zu erhalten, sich zu treffen. Mit Robert de Niro essen zu gehen beispielsweise ist nicht leicht, oder mit Kevin Kline und Matthew Broderick. Alles Typen, die ich mag. Aber es gibt Leute ... Mein großer Sohn ist in New York zur Zeit und studiert Musik. Robert de Niro hat mir gesagt: Wenn dein Sohn ein Problem hat, ruf mich an. So ist er, wie ein Godfather, Respekt (lacht). Mit Regisseuren oder Produzenten sind Freundschaften viel schwieriger. Das ist ein Verhältnis, bei dem viel auf dem Spiel steht. Wenn dich ein Produzent tätschelt, weißt du nie warum. Vielleicht streichelt er dich im Februar, weil er einen Film im Mai plant.

Welche Träume haben Sie sich noch nicht erfüllt?

Wollen Sie die Wahrheit hören? Ich möchte einen Weinberg kaufen im Bordelais. Ich mag den Bordeaux. Er ist so weich. Ein ruhiger Wein. Das ist ein alter Traum. Ein Kindheitsfreund versteht etwas von Wein. Sonst wäre ich nicht dabei. Alleine kann ich das nicht. Das Problem ist der Preis und den richtigen Wein zu finden. Es gibt auch andere Filmprojekte. Wasabi war meine Idee.

Aber sie bleiben bei der Schauspielerei?

Ja, ich will spielen. Ich versuche ein Stück auf die Beine zu stellen, das Theater und Musik vereint. Etwas Intimes mit dem Publikum. Da geht es natürlich um Liebe und Einsamkeit, um diese Dinge. Es wird kein Konzert, ich bin kein Sänger, aber Worte und Poesie kommen vor. Ich stelle mir das auf einer kleinen Bühne vor. Johnny Halliday hat mich ermutigt, das zu versuchen.

Interview: Jörg Taszman

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