SFOR dreht Mafia den Geldhahn zu

Soldaten der internationalen Gemeinschaft durchsuchen erneut die Hercegovacka Banka in Mostar. Kroatische Nationalisten weisen jeden Betrugsverdacht zurück. Deren Partei HDZ rudert zurück und schlägt eine kantonale Struktur für Bosnien vor

aus Mostar ERICH RATHFELDER

Der Streit der internationalen Gemeinschaft mit der kroatischen Nationalpartei HDZ in Bosnien und Herzegowina weitet sich aus. Gestern haben Soldaten der SFOR-Friedenstruppen erneut die Räume der Hercegovacka Banka in Mostar durchsucht, über die nach Meinung der internationalen Gemeinschaft illegalen Aktivitäten der kroatischen Nationalisten abgewickelt werden. Soldaten umstellten die Bank und beschlagnahmten kistenweise Dokumente. Damit sollen die Ermittlungen über Betrug und Geldwäsche abgeschlossen werden.

Im Gegensatz zu einer ähnlichen Aktion am 6. April kam es diesmal nicht zur Gegenwehr radikaler Kroaten. Damals musste das Büro des Hohen Repräsentanten in Mostar aus Sicherheitsgründen geschlossen werden. Bis heute muss der Leiter des Büros, Botschafter Colin A. Munro, seine Tätigkeit im Hauptquartier der SFOR-Truppen ausüben.

Die Aktion, die nach dem Willen des Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina, Wolfgang Petritsch, die kroatische Nationalpartei HDZ in die Knie zwingen sollte, stellte sich zunächst als „Aktion Wasserschlag“ heraus. Dass Vertreter der internationalen Gemeinschaft in die Flucht geschlagen wurden und sich kläglich bei den internationalen Friedenstruppen verstecken mussten, ließ die Anhänger der HDZ jubeln. Und dass die Ermittler nicht schon sofort Beweise für die Geldwäsche vorlegen konnten, machte die Sache nicht besser. Die 90.000 Inhaber von Konten, deren Zahlungsverkehr gestoppt war, empörten sich. Anstatt sich von der HDZ zu distanzieren, solidarisierte sich das Gros der kroatischen Bevölkerung in der Herzegowina mit der Partei. Und damit auch mit der Forderung, die Kroaten Bosniens sollten einen eigenen Teilstaat (Entität) erhalten – der von der HDZ und damit ihrer Führungsschicht beherrscht würde, versteht sich.

„Wie kann Petritsch eine Privatbank schließen lassen“, fragt Drazenko Primorac, ehemals außenpolitischer Berater des von Petritsch abgesetzten Mitgliedes des bosnischen Präsidentschaftsrates, Ante Jelavić. „Damit wird eine florierende Bank zugrunde gerichtet. Sie ist wohl den österreichischen Banken, wie der Raiffeisen-Bank und Volksbank, ein Dorn im Auge, die hier nicht Fuß fassen konnten.“ Petritschs Aktion sei Willkür und kein Beispiel für die Demokratie, „die internationalen Institutionen sind Gäste in unserem Land, das sollten sie nicht vergessen“.

Die Drohungen zeigten, dass die HDZ nervös geworden ist, erklären diplomatische Quellen aus Mostar. Nach der zweiten Durchsuchungsaktion habe sich der Anfangsverdacht erhärtet. Die Hercegovacka Banka arbeite auf zwei Ebenen. Einerseits modern und effektiv als ganz normales Geldinstitut, deren Dienste auch von einigen internationalen Institutionen in Anspruch genommen würden. Andererseits jedoch fungiere sie als Zentralbank für die mit den nationalistischen Politikern verquickte Mafia. Über die Bank seien die von der Regierung Kroatiens bereitgestellten Gelder für Rentner, Polizisten und Soldaten der kroatisch-bosnischen Armee in der Herzegowina geflossen, sagt ein Mitarbeiter Petritschs. „Oft wurden die Gelder verspätet oder gar nicht ausbezahlt, mit den Geldern wurde spekuliert und hohe Gewinne von dieser Mafia eingestrichen.“

Doch wenn die Beweise nicht bald auf den Tisch kommen, droht sich die Posse zu einem Dauerkonflikt zu verhärten. Die HDZ scheint jetzt vorsichtig zurückrudern zu wollen. Primorac zeigt Verhandlungsbereitschaft und spricht wieder über Politik: Es solle Neuwahlen und eine Verfassungsdebatte geben. Die Teilung des Landes in die Republika Srpska und die bosniakisch-kroatische Föderation sollte überwunden und durch eine kantonale Struktur ersetzt werden. Die HDZ fordere nur dann eine dritte, kroatische Entität, wenn die Spaltung des Landes nicht überwunden wird, erklärte er.