Terroristen im Bekenntniseifer

Drei konkurrierende Gruppen wollen schuld sein am Anschlag auf das türkische Generalkonsulat in Düsseldorf

KÖLN taz ■ Wer steckt hinter dem Handgranatenanschlag auf das Generalkonsulat der Türkei in Düsseldorf? Inzwischen kämpfen gleich drei türkische Gruppen um das Urheberrecht: die radikalislamistische „Front der Vorkämpfer für den Großen Islamischen Osten“ (IBDA-C), die linksterroristische DHKP-C und eine Gruppe mit dem Namen „Kämpfende Einheiten in Solidarität im Kampf gegen die Todeszellen“. „Wir gehen jeder Spur und jedem Hinweis nach“, kommentierte der Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, Michael Schwarz, den sonderbaren Bekenntniseifer.

Besonders überrascht hat die Ermittler die Selbstbezichtigung der IBDA-C. Die Gruppe, die für ein Nationalstaaten übergreifendes islamisches Großreich unter den Gesetzen der Scharia kämpft, war bislang in der Bundesrepublik nicht sonderlich in Erscheinung getreten. So taucht sie auch nicht im Verfassungsschutzbericht auf. Laut Auskunft eines nordrhein-westfälischen Verfassungsschützers verfügt die IBDA-C in Deutschland über keine festen organisierten Strukturen. Es gebe nur einige Einzelpersonen, die sich ihr zurechneten. Diese hätten sich von Organisationen wie den faschistischen „Grauen Wölfe“ und der islamistischen Vereinigung Mili Görus abgespalten, da diese Gruppen ihnen nicht radikal genug erschienen wären. Der IBDA-C werden ein misslungener Brandanschlag auf ein türkischen Kulturzentrum 1996 in Hannover und eine Flugblattverteilung 1999 zugerechnet. In der Türkei hingegen ist die IBDA-C (“Islami Büyük Dogu Akincilar - Cephesi“) seit langem als Terrorgruppe berüchtigt.

Die IBDA-C entstand Mitte der 80-er Jahre. Sie ist für zahlreiche Terroranschläge besonders in der ersten Hälfte der neunziger Jahre verantwortlich. So ermordete die Gruppe 1994 die Antrophologin Ayse Cebenyan. Sie habe sterben müssen, weil sie eine Jüdin gewesen sei, hieß es in einem Bekennerschreiben. Am 2. April wurde der Gründer und Anführer der IBDA-C, Salih Izzet Erdis, Kampfname „Mirzabeyoglu“, in Istanbul zum Tode verurteilt. Der Anschlag auf das Generalkonsulat sei ein Protest gegen dieses Urteil gewesen, so der anonyme Anrufer, der sich im Namen der IBDA-C bei der Zeitung „Star“ meldete. Wenn sie es denn gewesen ist. PASCAL BEUCKER